So macht man's nicht: Als sei Country-Musik nicht sowieso schon ein Stil, mit dem man so leicht wie nirgendwo sonst in Klischee-Fettnäpfe tritt, scheinen es FLORIDA GEORGIA LINE mit ihrem vierten Album bewusst darauf anzulegen, als Genre-Karikatur wahrgenommen zu werden. Anders lässt sich jedenfalls nicht erklären, wieso das Projekt jeden ernsten Anflug in ihren aktuellen Songs mit unsäglicher Selbstironie und "Lustigkeit" zerstört.
Was dann noch übrigbleibt, ist fiesester Genre-Kitsch, den jeder Hasser als triftrigen Grund für seine Aversion heranziehen kann. Man fühlt sich in seinen Vorbehalten gegenüber einer reaktionären, misogynen und engstirnigen Szene bestätigt, wenn man den Schrott hört, den die beiden Herren gemeinsam mit ihrem "Brother Jervel" in den vielen kurzen Zwischenspielen verzapfen. Davon abgesehen machen diese Unterbrechungen auch alle Hoffnungen darauf zunichte, "Can’t Say I Ain’t Country" als in sich geschlossenes Werk wahrzunehmen, denn sie stören schlichtweg den Flow zwischen den eigentlichen Songs.
Tyler Hubbard und Brian Kelley mögen derzeit nicht viel von elektronischen Stilmitteln halten, die bisher stets eine Rolle in ihrer Musik spielten, doch "Can’t Say I Ain’t Country" wirkt sogar noch künstlicher und gespreizter als seine Vorgänger. Das Material wurde um jegliche Ecken und Kanten bereinigt; stattdessen probieren FLORIDA GEORGIA LINE Standardformate mit Klimper-Klavier aus ('Speed Of Love') oder kopieren gemeinsam mit Jason Aldean Kid Rocks Verschmelzung aus Southern-Stoff mit Hip Hop ('Can’t Hide Red')
Das Ergebnis erreicht nie ein qualitatives Niveau, das Nicht-Gelegenheitshörern Genüge tut. Die Produktion mutet dermaßen maschinell und klebrig an, dass sie die perfekte Wahl zur Kaufhaus-Beschallung wäre, während altehrwürdige Genre-Vertreter vermutlich unverständig mit den Köpfen schütteln. Wäre man gezwungen, etwa Willie Nelson diesen Rotz vorzuspielen, müsste man befürchten, die altehrwürdige Legende erliege einem Herzinfarkt.
FAZIT: FLORIDA GEORGIA LINEs viertes Album ist der enervierende Inbegriff des derzeit vorherrschenden Bro-Country-Trends, eine Ansammlung musikalischer Floskeln und grenzenlos dümmlicher Macho- bzw. Party-Texte. Jedes weitere Wort wären zwei zu viel. <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/d58de5db403148679d8d3d4f3f80d9f2" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 3/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.02.2019
Universal
49:21
01.02.2019