FLYING COLORS sind so eine All-Star-Band, der ich sofort glaube, dass die Mitglieder das Projekt hauptsächlich aus Spaß am gemeinsamen Musizieren aufrecht erhalten. Was einigermaßen überraschend kommt, da die Band der beiden DIXIE DREGS Steve Morse (auch bei DEEP PURPLE) und Dave LaRue mit den NEAL-MORSE-BAND-Köpfen Neal Morse und Mike Portnoy (ex-DREAM THEATER) sowie ALPHA-REV-Sänger Casey McPherson ursprünglich von Business-Guru Bill Evans als moderne Alternative zu gleichermaßen virtuosen wie mainstreamigen Künstlern wie TOTO gecastet worden war. Dass die Geschichte trotz nur moderatem kommerziellen Erfolg nun tatsächlich schon das dritte Album hervorbringt, ist also durchaus eine Überraschung.
Der Grund für den hohen Spaßfaktor von FLYING COLORS ist indes ein wenig schmeichelhafter. Denn trotz der enormen Erfahrung der Bandmitglieder schafft es auch "Third Degree" nicht, FLYING COLORS als eigenständige musikalische Kraft zu etablieren.
Klar, die Performances sind alle erste Sahne und keiner der Songs ist wirklich schlecht – aber leider hat das Album auch nur wenig Herausragendes zu bieten. Hier gibt's mal ein paar angefunkte Fusion-Grooves ("Geronimo"), hier eine BEATLES-Hommage ("Love Letter"), hier hardrockig eingefärbten Alternative-Stoff ("More"), und auch zwei Zehn-Minuten-Epen mit Prog-Schlag erwarten einen.
Doch so richtige Begeisterung will irgendwie beim Zuhören nicht aufkommen: dafür, dass ein Hookline-Schmied oberster Kajüte wie Neal Morse beteiligt war, klingen die Melodien größtenteils ziemlich beliebig. Das erwähnte "Love Letters", bei dem neben McPherson auch Mike und Neal eine Strophe singen, ragt aufgrund seines untypischen Stils am meisten aus der Masse, ansonsten lädt nur wenig zum erneuten Hören ein.
Als ganz persönliches Geschmacksmanko kommt noch hinzu, dass Casey McPhersons Stimme für den Rezensenten ziemlich beliebig klingt. Ein wenig Guy Garvey (ELBOW), ein wenig Chris Martin (COLDPLAY) und ein Schuss Marcus Mumford (MUMFORD AND SONS), fertig ist die generische Alternative-Rock-Stimme ohne Ecken und Kanten. Und damit ist auch das Problem der Scheibe benannt: fast alles plätschert am Hörer vorbei, ohne Eindruck zu hinterlassen. Nichts klingt hier dringlich, nichts macht den Eindruck, hier habe jemand eine ganze Menge Ideen gehabt, die unbedingt und sofort an den Hörer gebracht werden müssen. Nein, es klingt eben nach erfahrenen Vollprofis, die locker und entspannt, aber auch etwas leidenschaftslos, ein paar Songs geschrieben und aufgenommen haben. Wahrscheinlich mit viel Spaß, aber nur wenig Inspiration.
FAZIT: Hören kann man das aktuelle FLYING COLORS-Album durchaus. Ganz klar – schließlich ist es exzellent produziert, groovt vernünftig und hat eine ganze Reihe toller Morse-Soli - von beiden Brüdern! - zu bieten. Aber unterm Strich bleibt "Third Degree" hinter den Erwartungen zurück, die man an eine Band mit derartigem Talentpool stellen muss.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 12.10.2019
Dave LaRue
Casey McPherson, Neal Morse, Mike Portnoy
Steve Morse, Casey McPherson
Neal Morse
Mike Portnoy
Mascot Label Group
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04.10.2019