Der Counter-Culture-Sound, der ab Mitte der 1960er an der US-Westküste kultiviert wurde, ist selbst Jahrzehnte nach dem Exitus der Hippiekultur nicht totzukriegen, wie unter anderem Bands vom Schlage GLITTER WIZARDS beweisen. Deren "Opera Villains" ist weniger experimentell als ein musikalischer Ausdruck grenzenloser Entdeckerfreude im Sinne jener Bewegung und vor allem ein Album voller sowohl aufregender als auch mehrheitsfähiger Lieder, in denen sich praktisch ein halbes Jahrhundert Musikgeschichte bündelt.
Im Opener 'A Spell So Evil' und bein dem Gezockel von 'Ten Foot Man' klingen GLITTER WIZARD wie glam-punkig aufgebohrte Max Webster, die sich mit Orgel-Antrieb selbst in den Weltraum katapultieren. Der hibbelige Bass ist ein markantes Erkennungszeichen der Band und nur ein Beispiel für ihre konstruktiv eingesetzte Virtuosität. Die kurze Akustik-Elegie 'Fear of the Dark' und das nicht minder kompakte Klavierballädchen 'Rats' drücken in etwa das aus, was T.Rex abseits ihrer Boogie-Hits ausprobierten.
Gemein ist allen Tracks eine geradezu ungeheuerliche Griffigkeit, die Ecken und Kanten jedoch nicht ausschließt - etwa im ruppigsten Track 'Dead Man's Wax'. 'Hall of the Oyster King', mit über sechs Minuten das erste "Epos" der Scheibe, verschmilzt kurzerhand Hawkwind-Gehämmer mit einem Flötensolo wie aus Jethro Tulls Sturm-und-Drang-Phase, ehe 'Warm Blood' diese bombenfeste Mauer von einem Album mit jenem dicken Doom-Rock-Zement abschließt, den GLITTER WIZARD schon während 'The Toxic Lady' angerührt haben.
FAZIT: Man kann GLITTER WIZARD grob irgendwo zwischen Space Rock, Gary-Glitter-Gitarrenpop, den New York Dolls und Uriah Heep einordnen, ohne sich zum Hanswurst zu machen. "Opera Villains" wird seinem Titel dahingehend gerecht, dass die Band mittels famos eingängiger wie fantasievoll gestrickter Songs - nicht zu vergessen einem Augenzwinkern - die Theatralik des Classic Rock frisch halten. <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/9b61f057bb034888aa671379d434f0db" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.04.2019
Heavy Psych / Cargo
35:26
19.04.2019