Nach den beiden EPS „Rivers“ (2015) und „Oceans“ (2016) ist „Another Flame“ der erste Longplayer der Luxemberger Band um Latitita Koener. Vom Wasser geht es also direkt ins Feuer für GO BY BROOKS. Der Name entstammt dem gleichnamigen kurzen Gedicht Leonard Cohens, über den Sängerin Koenen seinerzeit ihre Abschlussarbeit schrieb. Sie „folgte den Bächen“ also bis zu ihrem Ursprung, dem Mann, dem etliche Menschen den Literaturnobelpreis eher zugeschrieben hätten als Bob Dylan.
Der Geist Cohens schwebt aber eher ideell über der Musik der Gruppe, erst der neunte Track „Forbidden Lips“ hat deutlichere formale Bezüge. Ähnliches gilt für die dunkel gestimmten Texte Koeners, in denen es um den Umgang mit zerbrochener Liebe geht („Broken“, inklusive einer Video-Variante der Einsamkeit des Langstreckenläufers, mit offenem Ende), um die Bürden, die man so durchs Leben schleppt, den Trug der Liebe, das Unausweichliche der Vergänglichkeit und Vergeblichkeit. Keine Themen, zu denen man beim Dorffest ein Fass anstechen möchte.
Gerahmt werden die lyrischen Songs von fein ziselierten Instrumentals, die zu den Höhepunkten des Albums gehören. Nicht, dass Koener ihre Sache schlecht machen würde, im Gegenteil, sie ist eine ausdrucksvolle Sängerin mit eigenem Zungenschlag. Die instrumentalen Beiträge sind einen Hauch zurückhaltender, verspielter und in ihrer ruhigen Kraft sehr überzeugend. Näher am ausgefeilten Artrock als die gesungenen Tracks, die mitunter zum schlichteren Melodic-Rock, immer mit hohem Pop-Anteil, tendieren. Das ist nicht übel, weist meist kleine, einfallsreiche Schlenker auf, nimmt den Liedern aber etwas von einer möglichen tiefreichenderen Wirkung.
So beginnt „Another Flame“ mit zarten Gitarrenklängen, pluckerndem, effektvollen Rhythmus, wird ergänzt um einen prägnanten Bass und feingliedriges Pianospiel (erinnert leicht an Bruce Hornsby), um im Refrain zur schnöderen, fast schon hardrockigen Mitsing-Hymne zu mutieren, ehe wieder filigranere Klänge angeschlagen werden. Die das ergreifendere „The Last Goodbye“ konsequenter durchhält.
Konsequent und zwingend ist das zupackende „Love Is A Lie“, das trotz seiner Düsternis Hitpotential aufweist, nicht nur im coolen „Oh hoho“-Chorus. Wenn es derart intensiv wird – wie auch bei „Naked Soul“ und dem bereits erwähnten „Forbidden Lips“ - berührt das Album am stärksten.
FAZIT: GO BY BROOKS können was. Über weite Strecken überzeugt „Another Flame“ als eine melancholische, traumwandlerische Spielart ausgefeilten Art-Pops. Manchmal leben Laetitia Koener und ihre Mitstreiter den Hang zu allzu glattem melodischen Pop-Rock aus. Überzeugt als solcher, aber die Abgründe, in denen sich das Vorbild Leonard Cohen bewegt, werden so mit einer komfortablen Schaukel überwunden.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.03.2019
Sacha Heck
Laetitia Koener, Nicolas Palumbo, Jérôme Moes
Nicolas Palumbo, Laetitia Koener
Jérôme Moes
Tom Roilgen
Emmanuelle Seiwerath (cello), Salima Ben Guigui (mandoline)
Finest Noise Releases/Radar
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22.02.2019