Der erste Name, der mir beim Opener "Ruins Of Gold" der gleichnamigen Debut-EP von HARKON überraschenderweise in den Sinn kommt: Memory Garden. Ähnlich wie die Schweden lässt sich das Quartett aus dem Ruhrpott nicht so leicht in diese oder jene Metal-Schublade einordnen, sondern nähert sich seinen Hörern einerseits mit trockener Wucht, andererseits eigenwillig zwischen verschiedenen Stilen mäandernd.
Im rockigen Heavy Metal von HARKON schimmern Einflüsse aus Power-, Thrash- und Prog Metal ziemlich unaufdringlich durch, soll heißen: Die Musik geht gut ins Ohr - doch bleibt sie auch länger dazwischen hängen, bzw. wirkt sie nach?
Sänger Björn Gooßes’ (The Very End, ehemals Night in Gales) charismatische Stimme verleiht den vier Nummern eine melancholische bis ermutigende Färbung, die Musiker in seinem Rücken legen das metallische Fundament mal solide, mal kraftstrotzend, gehen jedoch bei dieser ersten Standortbestimmung vorerst eher auf Nummer sicher, anstatt leicht proggige Ansätze auszubauen. Vor allem die Rhythmusfraktion deutet im zweiten Song "Thistleblower" deutlich mehr Potential an, als sie z.B. im Refrain umsetzt. Nach einigen Konzerten wird dieser kraftvoll beginnende Song im weiteren Verlauf hoffentlich noch zusätzlich an Kontur gewinnen. Das folgende "Round And Round" dürfte hingegen sogar bei Fans von Dream Theater, Fates Warning oder Queensryche richtig gut ankommen, und macht mit seinen ungezwungen wirkenden, gerade in der zweiten Songhälfte gelungenen Arrangements sowie Abwechslungsreichstum Laune auf mehr. Die düstere Alternative-Rock-Nummer "Take It Slow" wird dem Titel gerecht, und ruht sich vielleicht etwas zu selbstsicher auf dem eingängigen Chorus aus. Auch hier dürften Live-Darbietungen zukünftig für mehr Ecken und Kanten, aber auch Schwung sorgen.
FAZIT: Aus der Laune, irgendwann mal musikalisch was zusammen auf die Beine zu stellen, ist eine Band entstanden, die mit "Ruins Of Gold" wohl einige Aufmerksamkeit erregen kann - und sich dann vor allem live wird beweisen müssen. Obwohl Björn Gooßes’ Gesang ausdrucksstark erklingt und Volker Rummel einige trockene Riffs sowie mehr als gefällige Gitarrensoli aus dem Ärmel schüttelt, lugt der Ohrwurm auf "Ruins Of Gold" nur gelegentlich um die Ecke. Wenn HARKON den Text von "Take It Slow" beherzigt, dürfte die EP in einigen Jahren im Rückblick als erstes Lebenszeichen einer Band erscheinen, die musikalisch mehr auf die Beine stellt, als sie sich anfangs ausgemalt hat - und bereits jetzt z.B. im Vorprogramm von Testament ebenso wie von Evergrey oder Audrey Horne ordentlich einheizen könnte.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.02.2019
Marcel Willnat
Björn Gooßes
Volker Rummel
Lars Zehner
Eigenveröffentlichung
16:39
15.02.2019