HARPYIE bleiben weiterhin zweite Mittelaltermarkt-Liga. Dort spielt das Quintett seinen Ball überambitioniert (mythologisch verbrämte Texte zu aktuellem Weltgeschehen und der Conditio Humana) mit viel Gedudel, ein paar elektronischen Einsprengseln und symphonischem Popanz doch nur geradeaus und schießt am Ende kein Tor.
So opulent auch ihr neues Werk "Aurora" klanglich in Szene gesetzt wurde, so einfach lässt sich die enthaltene Musik durchschauen: einfältige Metal-Riffs, lyrischer Schwulst voller Schüttelreime im engen Korsett allzu herkömmlicher Songstrukturen, weshalb das aufwändige Drumherum verpufft. Deshalb gewinnt man den Eindruck, die Band wolle jeden noch so doofen Methorn-Schwinger mobilmachen, obwohl sie sich andererseits ach so anspruchsvoll gibt - Schafe im Wolfspelz quasi.
Wer sich von jeher auf Mittelaltermärkten oder dem Wave Gotik Treffen in Leipzig tummelt, ohne über den mit Kajalstift beschmierten Tellerrand des Folk- und Schlager-Gothic-Milieus (sind ja mittlerweile beinahe ein und dasselbe) zu bicken, dürfte andererseits einmal mehr begeistert von HARPYIEs Schaffen sein, eben weil es so handelsüblich glatt und "souverän" in Szene gesetzt wurde.
Anhand der Tatsache allerdings, dass die Protgaonisten auf "Aurora" die mittlerweile abgedroschene Seefahrts-Bildersprache durchkauen, deutet sich indes an, wie die Formation in kreativer Hinsicht zusehends verarmt. Wenn sich Metal-Acts zum zigsten Mal im Phrasendreschen über Stahl und Leder ergehen, ist das kein bisschen besser als das Aufbruchsstimmung heuchelnde Pathos, das HARPYIE beispielsweise während 'Seemann Ahoi' oder 'Ikarus' verbreiten.
Zudem sinkt die Qualität der Kompositionen wie zu erwarten gegen Ende des Albums rapide, wobei "Weihnachtstraum" den klebrigen Tiefpunkt markiert.
FAZIT: HARPYIEs "Aurora" ist das zigste professionell aufgezogene, letztlich aber gesichtslose Medieval-Metal-Machwerk in den vergangenen Jahren, dessen Schöpfer quasi nur den bekehrten predigen. Um abseits der entsprechenden Szene wahrgenommen zu werden, fehlt dieser wie auch so ziemlich allen anderen Bands der Mut, ihre plakativen Images abzulegen, wirklich tiefsinnige Themen zu behandeln und vor allem spritzige Musik zu schreiben … wobei letzteres wohl eher mit Können zusammenhängt. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/43357cef803c4b6dbb8af7014c0688a6" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 7/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.06.2019
Metalville / Rough Trade
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07.06.2019