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Reviews

House Of Not: Evergone & The Immaculate Spectacular

Stil: Progressive-, Symphonic-, Alternative- & Art-Rock

Cover: House Of Not: Evergone & The Immaculate Spectacular

Sie sind zwar schon verdammt alte Prog-Hasen, die seit über 15 Jahren ihre kunterbunten progressiven Musik-Eier in Form von insgesamt vier Alben leider nur verstecken, denn viele von diesen sind bei uns in Europa bisher noch nicht entdeckt worden.
Liegt‘s daran, dass HOUSE OF NOT von überm Großen Teich aus Kanada kommen oder dass einfach der Prog-Musik-Markt mit von durch PINK FLOYD inspirierten Klangwelten einfach übersättigt ist?
Wer weiß, wer weiß!?
Das kanadische Trio HOUSE OF NOT, das sich mit vielen Gastmusikern und ausgezeichneten Sänger/Innen auf „Evergone & The Immaculate Spectacular” verstärkt hat, sollte jedenfalls nicht unbeachtet bleiben, denn sie gehören zu denjenigen, die mit ihrem bereits vierten Album, nachdem sie zuvor einen konzeptionellen Album-Dreiteiler über A. Nexter Niode vorgelegt haben, unüberhörbar in die erste Prog-Liga zu klettern versuchen. Dabei wird Abwechslungsreichtum besonders groß geschrieben, vor alternativen Rockklängen oder gar Gospel („Yet We Remain“ und <a href="https://www.youtube.com/watch?v=6PVSfIiOLWo" target="_blank" rel="nofollow">„Behind The Curve“</a>) und eingängigen Melodiebögen nicht zurückgeschreckt, sondern konsequent ihr eigenes Ding durchgezogen.

So treiben die Kanadier den Hörer in ein regelrechtes Gefühlsinferno zu dem sie uns gleich mit dem Album-Opener <a href="https://www.youtube.com/watch?v=4AyrHxxSOgs" target="_blank" rel="nofollow">„Come On In“</a> einladen. Munter geht‘s dann mit Versatzstücken von ROGER WATERS „Amused To Death“ kombiniert mit dem progressiven Americana-Stil der WALKABOUTS oder DIRE STRAITS und Gast-Sängerinnen, die mit ihren rauen Stimmen gar nach einer Kombination aus BONNIE TYLER und GIANNA NANNINI oder mit ihrem „sauberen“ Gesang nach einer LAURA MEADE plus HEATHER FINDLAY klingen.
Die Achillesferse des progressiven Rocks, die sich immer wieder im Gesang äußert, ist bei HOUSE OF NOT nicht etwa eine Schwäche, sondern absolute Stärke. Das gilt auch für den männlichen Gesang, sodass in dieser Beziehung beste EELS- oder GUNS‘N‘ROSES und immer wieder DIRE STRAITS-Erinnerungen durchscheinen, beispielsweise bei solchen Songs wie „Goodbye Goodbye Hello“ oder „So Sorry“ und „It‘s My Nature“.

Der Titelsong ist wiederum eine bewegende Hymne, bei dem ein DAVID GILMOUR die akustische Gitarre hätte spielen können und die beiden Sängerinnen eine MOSTLY AUTUMN- und IZZ-Aura der Extraklasse verbreiten. Das große Finale mit dem zehnminutigen Longtrack „Kill The Buddha“ bekommt eine Weltmusik-Prise durch Sitar und Percussion verpasst, denen dunkler Keyboard-Bombast und weiblicher Duett-Gesang plus wummernde Bässe und ein Erzähler alles buddhistische Religionsgehabe austreiben und wir uns in die Welten eines RICK WAKEMAN versetzt fühlen dürfen, als der sich mit Jules-Verne-Poesie auf die Reise zum Mittelpunkt der Erde begab. Nur dass HOUSE OF NOT ihr Stück am Ende zu einem epischen, dem Finale hart entgegenrockenden, kleinen Meisterwerk – CARPTREE nicht unähnlich – werden lassen, bei dem natürlich dann die singenden und sprechenden Männer die Federführung übernehmen. Ein Epos wie die Schlacht um die Erstbesetzung des magischen Buddha-Bauchs, damit auch die finstersten Wünsche wahr werden, die dann mit Glockengeläut im „Tempel der Galaxien“ ihr feierliches Ende findet.
Ja – und das hat dann schon wieder etwas von der floydanischen Mauer. Eine der wenigen, die man wirklich lieben kann.

FAZIT: Die kanadischen Progrocker HOUSE OF NOT legen mit „Evergone & The Immaculate Spectacular” ein überraschend vielschichtiges Prog-Album vor, das aufgeschlossenen Über-den-Tellerrand-Hörern, die unter Prog mehr als ein festgefahrenes Musikregelwerk verstehen, viel Freude und Bewunderung bereiten bzw. abverlangen wird. Denn nicht nur die Musik, auch der abwechslungsreiche männliche und weibliche Gesang hebt das vierte Album der Kanadier aus der Vielzahl der progressiven Rockveröffentlichungen dieses Jahres hervor.

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Punkte: 12/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.05.2019

Tracklist

  1. Come On In
  2. Fate
  3. FingerPaint #50
  4. Eternity‘s Garden – A Death Waltz
  5. Our Last Tax
  6. Take Me Away
  7. So Sorry
  8. Glenn Fiddick M.D.
  9. Evergone & The Immaculate Spectacular
  10. Goodbye Goodbye Hello
  11. Show Me Tell Me
  12. Yet We Remain
  13. Behind The Curve
  14. Spin Me
  15. Piper At The Precipice
  16. It‘s My Nature
  17. Understand The Man
  18. Kill The Buddha

Besetzung

  • Bass

    Ken O‘Gorman, Stan Miczek, Lorne Sokoloff

  • Gesang

    Brian Erikson, Dee Brown, Dione Taylor

  • Gitarre

    Ken O‘Gorman, Eric Stever

  • Keys

    Brian Erikson, Omar Ales

  • Schlagzeug

    Terry Lesperance, Troy Feener

  • Sonstiges

    Ken O‘Gorman (Sitar, Moog)

Sonstiges

  • Label

    Freak Street Productions/Just For Kicks

  • Spieldauer

    77:47

  • Erscheinungsdatum

    24.05.2019

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