Es ist mal wieder an der Zeit mit diesem Wal nicht im Wahnsinn, sondern in den Live-Ozean typischen 70er-Jahre-Progressive-Rocks abzutauchen, als uns so außergewöhnliche Musiker und Bands wie GENTLE GIANT, YES, KANSAS oder FRANK ZAPPA, aber auch als neuere Spielart mit BIG BIG TRAIN oder NEAL MORSE, riesige Freude bereiteten und den Begriff Progressive Rock mit vielfältigem, leidenschaftlichem Musik-Leben füllten.
Mit den britischen Retro-Proggern I AM THE MANIC WHALE dürfen wir erstmals auf <a href="https://iamthemanicwhale.bandcamp.com/" target="_blank" rel="nofollow">„New Forms Of Life – Live At The Oakwood”</a> auch ihre Live-Qualitäten, samt einiger kleiner Schnitzer, bei ihrem Konzert vom 5. Mai 2018 im Oakwood Center von Woodley, miterleben.
Präsentiert wird bei dem Konzert ihr letztes Studioalbum <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2017/I-Am-The-Manic-Whale/Gathering-The-Waters/" target="_blank" rel="nofollow">„Gatherig The Waters“</a> – und zwar komplett, wenn auch in einer veränderten Titelabfolge – das Kollege König so treffend als „eine ansprechende Variante melodischen Retroprogs, der sattsam bekannt, aber höchst sympathisch, versetzt mit vielen kleinen melodischen Preziosen und knuffigen Einfällen, fast die gesamte Spielzeit vergnüglich unterhält“, beschreibt und freudig mit: „Klingt manchmal wie eine gut gelaunte Fingerübung der frühen SPOCK’S BEARD. Plus Flöte. Recht so!“, zusammenfasst.
Genau dieser Eindruck macht sich nunmehr auch live breit, wobei eine wichtige Rolle die Flötistin ELLA LLOYD einnimmt, welche mit ihren oft an den Tull-Anderson erinnernden Blas-Eskapaden der Musik eine besonders reizvolle Note verleiht, während fast unerwartet die Band mitunter sogar ein paar Jazz-Einsprengsel und die eine oder andere Folk-Note einstreut.
Beim Gesang geht allerdings der ein oder andere Ton mal daneben. Durchaus verständlich, denn hier wird einiges geboten und sogar vor Sangeslinien der Marke GENTLE GIANT schrecken I AM THE MANIC WHALE nicht zurück – auch wenn sie dabei manchmal ein wenig zu arg an den Haaren herbeigezogene religiöse Botschaften voller MORSE-Zeichen verbreiten.
Der Musik jedenfalls tut das keinen Abbruch, denn andererseits steht dieser Bekehrungslyrik so ein ambitionierter, bedrückender und zugleich komplexer Longtrack wie <a href="https://www.youtube.com/watch?v=RjJAN6JqmsY" target="_blank" rel="nofollow">„The Milgram Experiment“</a> gegenüber, den auch SPOCK‘S BEARD nicht besser hinbekommen hätten. Und in diesem hohen Niveau spielt sich der größte Teil des Konzerts ab.
Eine nette Geste für die Käufer von „New Forms Of Life – Live At The Oakwood” ist außerdem, dass dem Digipak, neben einem vierseitigen Booklet, noch ein kunstvoll gestaltetes Kärtchen in Form der Konzert-Eintrittskarte mit digitalem DL-Code beiliegt. Selbst die Liebe zu den kleinen Details macht eben die musikalischen wie optischen Stärken dieses Live-Albums von I AM THE MANIC WHALE aus.
FAZIT: Mit dem ersten Live-Album von I AM THE MANIC WHALE stellen die britischen Retro-Progger klar, dass sie nicht nur im Studio sehr ansprechende, komplexe Prog-Alben hinbekommen, sondern diese auch live auf der Bühne umsetzen können, wofür „New Forms Of Life – Live At The Oakwood” der beste Beweis ist.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 05.04.2019
Michael Whiteman
Michael Whiteman
David Addis, Michael Whiteman
John Murphy
Ben Hartley, Michael Whiteman
Ella Lloyd (Flöte), David Addis (Triangle)
Eigenpressung/Just For Kicks
74:33
08.03.2019