Man kann "Resistance" nicht nur aufgrund seines Umfangs ein Magnum Opus im an Höhepunkten beileibe nicht armen Schaffen von IQ (Stichwort “Subterranea”) nennen. Auf ihrem neuen Doppelalbum zeigen sich die Briten vielseitiger und vor allem finsterer denn je, fast metallisch hart sogar ab und an. Bereits das einleitende 'A Missile' schiebt ungewohnt fett mit flächigen, tieffrequenten Synthesizer-Akkorden und ebensolchen Gitarrenriffs, wozu Peter Nicholls' alterslos helle Stimme einen Kontrast setzt, der eine dramatische Atmosphäre erzeugt. Diese zieht sich durch den Großteil der knapp 110-minütigen Gesamtspielzeit.
Ein gemeinsamer Nenner, den das breitgefächerte Material aufweist, sind wieder einmal jene hymnischen Refrains, die das Quintett seit je auszeichnen und zu den langlebigsten Vertretern des englischen Neo Prog gemacht haben. Das tieftraurige 'Rise' steht mit seinen symphonischen Zügen genauso wie der Mellotron-schwangere Leisetreter 'Shallow Bay' in der Tradition von IQs Frühphase, doch ansonsten lehnen sich die Altgedienten wiederholt recht weit aus dem Fenster.
Im poppigen 'If Anything' kommen Computerbeats zum Tragen und konterkarieren sowohl mediterran anmutendes Gitarrenspiel als auch die zuckersüße Gesangsmelodie, die Viertelstunde 'For Another Lifetime' erweist sich als Achterbahnfahrt von den Niederungen esoterischer Yes bis hinauf zu sturmumtosten Post-Rock-Gipfeln im steten Wechsel, und 'Stay Down' beginnt als für die Gruppe klassische Ballade, die dann aber ebenfalls in einen ruppigeren Modus wechselt, wobei sich Organist Neil Durant und Gitarrist Mike Holmes anscheinend gegenseitig in puncto Heaviness überbieten möchten.
Als fühlte man sich nicht schon gegen Ende des ersten Silberling erschlagen, eröffnet das über 22 (!) Minuten lange 'The Great Spirit Way' die zweite CD, die wiederum vom nur ein wenig kürzeren 'Fallout' beendet wird. Zwischen diesen beiden im wahrsten Sinn des Wortes cineastischen Klangerlebnissen (komplett mit dissonanten Lärm-Segmenten einer-, AOR-würdigen Hooks andererseits und virtuosen Instrumental-Abfahrten klassischer Genre-Machart) verblassen das kompakte 'Fire and Security' auf seine für IQ standardmäßige Art und das verschachtelte Mini-Epos 'Perfect Space' mehr oder weniger.
Dennoch, das mit einem unbeweglich mathematischen Groove ausgestattete 'Alampandria' ist wirklich der einzige (relative) Schwachpunkt eines Albums, mit dem es die fünf Unentwegten schaffen, sich ein Stück weit selbst neu zu definieren - Bravo in Anbetracht ihres Veteranenstatus!
FAZIT: In den fünf Jahren, die seit dem bereits schwergewichtigen “The Road of Bones” vergangen sind, haben IQ weiter an Wucht und kompositorischem Wagemut gewonnen. Auch wenn "Resistance" letztlich keinen Umsturz im Prog-Bereich provoziert, legt es als mutiges Werk einer Institution lautstark Zeugnis davon ab, dass sich selbst konservativen Stilmitteln Frische abtrotzen lässt, wenn man sie nicht nur handwerklich versiert miteinander verbindet, sondern dabei auch klare Aussagen vermitteln möchte. Wer nichts zu sagen hat, hält demgegenüber also zumindest in einer Idealwelt den Schnabel … <img src="http://vg08.met.vgwort.de/na/2c2da3cd4c5f4d05a181d0447b3389fe" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.09.2019
Giant Electric Pea / Soulfood
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27.09.2019