Erster Eindruck: IN BALANCE sind eine Band, die in bester Tradition dem Electro Pop huldigt, der spätestens seit DEPECHE MODE weltweit viele Musikfreunde mit einem speziellen Virus zu infizieren scheint.
Doch der erste Eindruck reicht im Falle von „18“, dem Debüt des französischen Trios, einfach nicht aus. Er täuscht sogar stellenweise, denn dieses spannende New-Wave-Heavy-Synthie-Album löst sich immer wieder von Electro-Pop-Klischees, bringt gehörige Härte mit ins Spiel, alternativ rockende Gitarren plus treibendem Drumming sowie wummerndem Bass inklusive, und aggressive Vokallinien, die sich jedes Mal in ohrwurmträchtigen Refrains und eingängigen Melodiebögen auflösen.
„18“ hat mehr zu bieten als „Music For Masses“ – um beim modernen Depechen-Vergleich zu bleiben.
Sogar ein Konzept scheint sich hinter „18“ zu verbergen. Es geht um das Entfliehen aus den Zwängen jugendlicher Ambitionen, selbst wenn man älter wird. Die Angst vor dem, was kommt, ist größer als die Trauer um das, was man zurückließ. Man bastelt sich seinen eigenen Kosmos zusammen, hebt ab, schwebt, gerät in gefährliche Strudel, stürzt fast ab aus seiner kosmischen Traumwelt und rettet sich am Ende doch wieder darin.
Paralysiert startet man mit „18“, hört auf das ewige <a href="https://www.youtube.com/watch?time_continue=1&v=FuckYXrmBCM" target="_blank" rel="nofollow">„Come On“</a> und begibt sich ins unendliche All.
Schön, dass in dem Digipak ein 12seitiges Booklet steckt, in dem man alle Texte nachlesen kann.
Das Leben wie ein Flug mit der Enterprise. „18“ nimmt uns dabei mit und IN BALANCE bevölkern die musikalische Kapitänsbrücke. Manchmal straucheln sie dabei ein wenig, schwanken ziellos hin und her, lassen dabei doch das eine oder andere überflüssige Klischee zu, ohne jedoch mit gefährlichen 0-8-15-Meteoriten zu touchieren. Am Ende halten IN BALANCE deutlich Kurs zwischen ihrem Electro Rock und Alternative Pop, selbst wenn man diese Begriffe beliebig untereinander austauschen könnte. IN BALANCE verleihen ihnen auf „18“ eine dunkle Seite mit einer gehörigen Portion Heavy-Space-Rock und Texten, die einem Konzept folgen und niemals als nur lautmalerisches Beiwerk verstanden werden dürfen: „We‘re gonna fly / While they lose their mind / They dig their own graves underground. Come with me and walk away...“ (Come With Us)
Drei Zeilen, die neben der textlichen zugleich auch die musikalische Stimmung von „18“ anschaulich wiedergeben.
Und spätestens wenn man in <a href="https://www.youtube.com/watch?v=h4lyskMfmjg" target="_blank" rel="nofollow">„Love“</a> erfährt, dass dieses so arg strapazierte Liebeswort sich auch als Bedrohung eignet: „Love is a gun“, um dann auf die Dimension, die sich dahinter verbirgt, zu verweisen: „People in love to build this new world“, denkt man unmittelbar an ERASURE und ihr „Oh L‘Amour“.
IN BALANCE greifen bei der Einordnung ihrer Musik auf den Begriff „Dream Heavy Pop“ zurück. Eine passende Formulierung, besonders weil die Heavy-Elemente oftmals die Songs bestimmen und bewusst als Gegenstück zu den Synthie-Stimmungen eingesetzt werden. Aber auch der E-Bass sorgt immer wieder für dunkel-wummernde Kontrapunkte über die sich der hohe Gesang erhebt.
„18“, das klingt nicht nur nach Volljährigkeit, sondern bei IN BALANCE auch nach Vollwertigkeit in Sachen Electro Pop und Heavy Rock. Eine spannende Kombination, die durchaus dazu führen kann, dass die Heavy-Fraktion genauso wie die E-Pop-Fraktion nach den knapp 40 Hörminuten recht verunsichert über diesen Dream-Heavy-Pop nachgrübelt. Ergebnis offen!
FAZIT: Ein gelungenes Debüt von IN BALANCE. Schaurig schön und knochentrocken – mit „18“ trifft Electro-Pop-Pubertät auf bodenständigen Heavy Rock und versucht eine Balance zu finden, genau wie es der Bandname des französischen Trios verspricht.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.05.2019
Hervé
Adrien
Alan
Eigenvertrieb
37:50
22.02.2019