Gutmenschen, wie es der Multi-Instrumentalist David Kerzner (Sound Of Contact, etc.) und der Gitarrist Randy McStine (The Fringe) von jeher sind, neigen zu utopischen Vorstellungen, und wenn es sich dabei um Künstler handelt, können spannende Geschichten aus dieser Grundhaltung entstehen - so wie die, auf der das aktuelle Konzeptalbum des unter dem Namen IN CONTINUUM firmierenden Duos beruht.
"Acceleration Theory" erzählt von einer Art "E.T." für die Gegenwart, der unseren Planeten besucht und auf eine unverständige Menschheit stößt. Das weibliche Geschöpf schließt Freundschaft mit einem Erdling, woraus sich schließlich richtige Liebe entwickelt, nicht zu vergessen Erleuchtung für die männliche Hauptfigur … Vertont wurde diese Story in einem klassisch prog-rockigen Rahmen, so wie man es angesichts der musikalischen Vita der beiden Projektköpfe erwarten durfte.
Der unterschwellig durchaus hintersinnige und sozialkritische Plot garantiert bereits allein ein farbenfrohes Album, und dem wird das Kernquintett gemeinsam mit seinen prominenten Helfern gerecht. Während Sänger Gabriel Agudo (Steve Rothery Band, ex-Bad Dreams) fest zur Gruppe gehört - Drummer Marco Minnemann (The Aristocrats, Steven Wilson) anscheinend auch -, gaben sich u.a. noch John Wesley (Porcupine Tree), Nick D'Virgilio (ebenfalls Schlagzeug: Spock's Beard) sowie Jon Davison (Yes), Steve Rothery (Marillion), Leticia Wolf (The Dead Deads) und Fernando Perdomo aus Kerzners eigener Band die Studiotüren-Klinke in die Hand.
Die instrumentale Einleitung zieht den Hörer sogleich mit viel Dramatik ins Geschehen hinein, bevor 'Crash Landing' prompt durch einen Ohrwurm-Refrain besticht. So schaffen IN CONTINUUM ideale Voraussetzungen für eine kurzweilige Stunde Musik, in der wie beiläufig mehrere Jahrzehnte Genre-Geschichte abgeklappert werden. Zu den weiteren Glanzpunkten gehören 'Scavengers', in dem der Frontmann seine Sternstunde am Mikro erlebt und gediegene Gitarren-Härte aufkommt, sowie 'Racing Through The Past' - und an dieser Stelle scheint die Scheibe stilistisch wie inhaltlich geteilt zu sein.
Die folgenden Tracks - es sind sogar die stärkeren - werden von Keyboards dominiert, und schwerelose Gitarrensolos spiegeln den weltfernen Charakter der in den Texten geschilderten Entwicklungen wider. Bis zum Ende hin, wo 'Man Unkind' erstaunlich kraftvoll rockt und uns in Hinblick auf den Ausgang der Geschehnisse ambivalent zurücklässt, erlebt man eine Fülle vielstimmiger Arrangements, die an Gentle Giant denken lassen, wohingegen der Hauptfokus bei aller Detailverliebtheit auf verträglichen, ja nachgerade poppigen Strukturen bestehen bleibt.
"Acceleration Theory" ist für ein Debüt atemberaubend gut - klar bei all den Beteiligten - und bringt vor allem das große Plus mit, eben nicht nach einem lieblosen Projekt zu klingen.
FAZIT: IN CONTINUUM gehen als tolle Fortsetzung der scheinbar in der Schwebe hängenden Sound Of Contact durch und bieten auf ihrem ersten Album massentauglichen Art Rock, der sich zeitlich nicht konkret irgendwo einordnen lässt, aber hervorragend im Hier und Jetzt funktioniert. An "Acceleration Theory" wird jeder Szenegänger sofort, jedoch auch auf lange Sicht hin viel Freude haben.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.03.2019
RecPlay Inc../Just For Kicks
62:14
01.03.2019