Es bleibt dabei: Alte IN-FLAMES-Fans werden in diesem Leben nicht mehr zu vorbehaltlosen Freunden der Schweden. Zu tief ist die Kluft, die Anders Fridén mit seinen zwischenzeitlichen Emo- und Pop-Ausflügen im Fahrwasser von Korns Jonathan Davis aufriss, zu halbherzig erscheint die zeitweilige "Rückbesinnung" der Band auf alte Tugenden, und zu tief angelegt kommt einem auch 2019 die Messlatte vor, an der sich die einstige Skandinavien-Death-Metal-Institution orientiert.
Das 13. Album der Schweden zeigt weder Veränderungen noch einen qualitativen Fortschritt, wenn man es mit seinem Vorgänger vergleicht. Schon anhand der wieder sehr moderne Interpretation des Bandmaskottchens Jesterhead durch Blake Armstrong, die auf dem Cover prangt, lassen sich Rückschlüsse auf die Ausrichtung der Scheibe ziehen, zumal sie wie "Battles" von Motörhead- und My-Chemical-Romance-Knöpfedreher Howard Benson produziert wurde, ehe Altmeister Chris Lord-Alge (Cheap Trick) die Abmischung übernahm und Pantera-Soundmann Ted Jensen das Mastering übernahm. Alte Schule? Abermals Fehlanzeige.
Das Ergebnis klingt einmal mehr (naturgemäß) sehr amerikanisch - ein Eindruck, den die vorhersehbar strukturierten Songs zusätlich verstärkt. Im Grunde machen IN FLAMES mal wieder Pop mit harten Gitarren, der sich prinzipiell auch im Radio spielen lässt. Fridén ist als melodischer Sänger mitterweile wenigstens insoweit gereift, als man seine immer noch bewusst pathetisch gehaltenen Refrains erträgt; der Frontmann jammert nicht mehr so arg, während sich die Gitarristen - bei einem unverbesserlichen Metalhead wie Björn Gelotte treibt es einem die Tränen in den Augen - zum Zweck des großen, massenverträglichen Ganzen zurückhalten.
Ganz ehrlich: IN FLAMES könnten so viel mehr, wenn sie den Stock aus dem Arsch und die Baseball-Mütze von ihrem kollektiven Dickschädel bekämen. "I, The Mask" taugt etwas für gelangweilte Jugendliche aus der weißen (US?)-Mittelschicht, die sich selbst für beinharte Metal-Fans halten und ihren schnöden emotionalen Alltag mithilfe von Fridéns Innenschau zu mehr aufbauschen möchten, als er eigentlich ist. Von einem relevanten Szene-Album möchte man aber auch diesmal nicht sprechen.
FAZIT: IN FLAMES spielen ihren Schuh herunter und stagnieren auf dem mittlerweile von ihnen gewohnten, knapp durchschnittlichen Niveau. "I, The Mask" bietet eine Reihe eingängiger Setzkasten-Songs nach von der Band gewohnten Mustern ohne jegliche Überraschungen, nicht mehr und nicht weniger. Tut keinem weh und ist schnell wieder vergessen. Ist das die Band, von der "The Jester Race" und "Clayman" stammen? Das fragt man sich mal wieder … <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/83fd3c037d1b4a839b3c017e2566a65f" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.02.2019
Nuclear Blast / Warner
44:29
01.02.2019