Multi-Instrumentalist, Komponist und Produzent Christiaan Bruin wurde auf diesen Seiten bereits für sein sehr gutes "Meta"-Werk von 2018 gewürdigt, und auch in Hinblick auf sein neues Album darf man dem Niederländer einen künstlerischen Erfolg bescheinigen, wofür er allerdings mit Massenpotenzial bezahlt; ließ sich der Vorgänger bei aller Experimentierfreude noch der breiten Prog-Szene empfehlen, dürfte der Mehrheit "Logica" zu sperrig sein, womit sich der Schöpfer wieder seinem Einstand "The Black Codex" annähert.
Nach dem orchestralen Kurz-Intro 'Platonics' wird schnell offenbar, dass INVENTIONS 2019 mehr denn je ein Soundtrack-artiges Projekt sind. Das viertelstündige 'Logica' bleibt symphonisch und besticht neben beispiellos ergreifend eingewobenen Sprach-Samples (von Erzähler Andy Rowe, u.a. über die mathematischer Lindenbaum-Methode) durch eine klagende Bläsermelodie (Gastbeitrag: Soft Machines Theo Travis) im Mittelteil und ein umso phonstärkeres, erhebendes Finale.
getragene 'The Mind Of God' könnte von den späten Pink Floyd verworfen worden sein, wenn die Band zu Recht der Ansicht gewesen wäre, mit dieser lauen Nummer nicht so richtig aus den Puschen zu kommen. Dieser Eindruck entsteht speziell wegen Bruins entrücktem, mit Effekten belegtem Gesang ('Beholder's Eye'), der in seiner naiven Simplizität an V.A.S.T. oder Kevin Moores Chroma Key bzw. O.S.I. denken lässt, aber eben arg distanziert anmutet. Die Musik weist einen insgesamt deutlich wärmeren Charakter auf, doch der Konstrast zwischen beiden Komponenten stört eher, statt einen besonderen Reiz auszumachen.
Der insgesamte dritte Langspieler des Soloprojekts erscheint im Rahmen einer konzeptionell zusammenhängenden Reihe, die ihm letztlich auch den Namen INVENTIONS gegeben hat. MIt spröden Gitarrenlinien und dem herrschaftlichen Schmelz des DOT-Streichquartetts aus Rotterdamm zelebriert Bruins hiermit ein Zeitalter der Vernunft (häre das Narrativ 'Three Worlds, Three Mysteries' über Roger Penroses drei hypothetische Welten), passenderweise aufgenommen in zwei Kirchen, einem leerstehenden Theater sowie - Achtung - einer Kaffeerösterei und seinem privaten Wohnzimmer.
Gegen Ende wird "Logica" immer abstrakter, obwohl 'Citadels' einen konzertanten Duktus annimmt und der 13-minütige Abschluss 'The Sum Of All Things' mit Orgel sowie mäandernden statt flächig arrangierten Streicher-Partituren zu den melodischsten Momenten des Albums zählt. Das Material beruht übrigens auf Videos, ist also gewissermaßen eine Vertonung derselben, und ergänzt praktisch Christiaans "The Logica Logs", eine Serie themenbezogener Postings auf Facebook.
FAZIT: "Logica" ist ein erzählerischer Brocken irgendwo zwischen David Sylvan, Mike Oldfield, Neoklassik und jüngeren Marillion, in dem sich Christiaan Bruin mathematisch-philosophischen Fragen widmet, wobei Musik im herkömmlichen Sinn in den Hintergrund rückt. Als Programmmusik für Videoinstallationen eignet sich das Album eher als zum konventionellen Hören, vor allem wenn man auf traditionelles Songwriting abonniert ist. <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/1fc1791ee6024bd3a21b37a7b00ec7b2" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.04.2019
Freia
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05.04.2019