Von Schlagzeugern angeführte Jazz-Combos sind meistens etwas relativ Spezielles, und Jeff Williams' neues Album bestätigt diese These, obgleich auf andere Weise als vielleicht gedacht. Im Mittelpunkt steht nämlich mitnichten der Drummer und Namensgeber, sondern eine aufstrebende Pianistin, die ihren beiden Mitstreitern wohl unbewusst die Show stiehlt.
Andererseits sollte in Trios das Team der Chef sein, was auch auf "Bloom" der Fall ist. Carmen Staaf spielt nicht nur beeindruckend virtuos, sondern auch mit überdurchschnittlich hohem Feingefühl - was bei der gelegentlich Kapriolen schlagenden Rhythmusgruppe mit Bassist und Genre-Veteran Michael Formanek als Williams' Gegenpart auch unerlässlich erscheint - und melodischem Geschmack.
Der recht freie Bebop gestaltet sich tendenziell flink, entspricht also einer schier atemlosen Reihung musikalischer Ereignisse (Ausnahme: das anmutig bluesige 'New York Landing'), wobei das Ganze mal wieder mehr als die Summe seiner Teile ist - mitnichten reiner Instrumentalsport der Superlative. Beflügelt vom Vorwärtsdrang des Anführers hinter den Kesseln ergeben die sich umtänzelnde Tasten- und Saitenklänge ein zwar verschwenderisches, aber dennoch gedrungenes Gesamtbild, auch weil die Formation in für solche Musik denkbar kleinster Besetzung aufspielt.
Bezeichnend für ihren Stil stehen 'A Word Edgewise', das zwischen halsbrecherischem Ritt und spürbarer Kontrolle changiert, sowie 'She Can’t Be a Spy' und 'Short Tune' (der Titel sagt es - kurz und prägnant) mit jeweils sehr perkussivem Klavierspiel. Was dies betrifft, erweist sich Staaf als Schülerin von Thelonious Monk, aber das war's auch schon mit den mehr oder weniger offensichtlichen Assoziationen, die Jeff Williams' jüngster Geniestreich - denn das ist "Bloom" - beim Hören weckt. Selbst die Interpretation des süffigen 'Air Dancing' das ursprünglich von Buster Williams stammt, steht autark für sich selbst, ohne dem Original Schande zu tun.
FAZIT: Jeff Williams vertraute Pianistin Carmen Staaf den Löwenanteil der kompositorischen Arbeit für "Bloom" nicht vergeblich an. Die promovierte Anthropologin - zudem ein am Musikkonservatorium des US-Bundesstaats New England geschultes Jungtalent an ihrem Instrument - offenbart hinter plakativer Manualakrobatik einen melodischen und harmonischen Feinsinn, der das Trio über etliche andere Klavierjazz-Combos hinweghebt. <img src="http://vg07.met.vgwort.de/na/f3f7b0147cdc4fa0ad1a231cacbebdcf" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.07.2019
Whirlwind
55:30
21.06.2019