Man glaubt es kaum, doch nun, da der Verlag dieses Bandes darauf hinweist, sei noch einmal erwähnt, dass es sich hierbei erst um das zweite Buch über Judas Priest in deutscher Sprache handelt, wohingegen in Sachen Literatur über Iron Maiden, das andere große britische Metal-Flaggschiff, eine recht breite Auswahl geboten wird. Das mag daran liegen, dass die "British Steel"-Erfinder anders als ihre Zeitgenossen nie eine einheitliche Identität vorweisen konnten, geschweige denn eine vergleichbare visuelle Identität. Dessen ungeachtet - und umso erfreulicher, weil man eben recht wenig über die Peripherie und eher persönlichen Hintergründe der Kernmitglieder weiß - ist "Leather Rebel - Mein Leben mit Judas Priest" nun da, und die Memoiren von Mitbegründer Kenneth "K.K." Downing erweisen sich als absolut lesenswerte Angelegenheit.
2019 markiert den 50. Geburtstag der legendären Gruppe - der richtige Zeitpunkt für den Gitarristen und Schlüsselkomponisten zahlloser Priest-Klassiker, um seine Vita Revue passieren zu lassen, was er nicht ganz so wie zuletzt Maidens Bruce Dickinson tut. Dieser erwähnte die Musik allenthalben am Rande (auch weil er ein solcher Tausendsassa ist), wohingegen Downing die Band nach der Abwicklung seiner nicht immer einfachen Kindheit (Prügel daheim, die üblichen pubertären Probleme, etc.) zum Leitfaden für seinen weiteren Werdegang macht. Besonders eindrucksvoll dabei: seine zwanglose Offenbarung von Neid und Konkurrenzdenken der Priester gegenüber den Eisernen Jungfrauen.
Lange Abschnitte der Autobiografie setzen sich zudem mit Downings Verhältnis zu Sänger Rob Halford auseinander und sind deshalb besoners spannend zu lesen. Die Spannungen letztendlich, die seit je zwischen dem Gitarristen und seinem kongenialen Partner Glenn Tipton bestanden, bestätigen sich unterdessen als generelle Triebfeder des Quintetts durch alle Phasen ihrer Karriere, bis der Autor 2011 seinen Hut nahm … eben nicht nur aus gesundheitlichen Gründen. sondern auch deshalb und wegen einer anhaltend konfliktbehafteten Beziehugung Downings zum Management.
Letztlich wird einmal mehr deutlich, dass viele Acts mit diesem Status und einer so langen Historie oft nichts weiter mehr sind als kommerzielle Unternehmen bzw. Interessengemeinschaften. Sprachlich ist das Ganze einfach gehalten und souverän übersetzt worden. Iron Pages werden in diesem Leben keine Ästheten mehr, was Layouts angeht, doch die zweckmäßige Aufmachung nimmt dem zwingenden Lesevergnügen rein gar nichts.
FAZIT: Wer weitere Lücken in seinem Wissen zu Judas Priest schließen und Gitarrist K.K. Downing als sympathischen, nahbaren Menschen kennenlernen möchte, braucht "Leather Rebel" auf jeden Fall. Wie üblich bei Übersetzungen empfiehlt sich parallel das englischsprachige Original, doch I.P. leisten wieder einmal solide Arbeit, was die Übertragung und zumindest hochwertige Druckqualität des Buchs betrifft. <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/db8bdf928d854c88acc0a11ce437a972" width="1" height="1" alt="">
Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.02.2019
Iron Pages
224 Seiten
28.02.2019