Unmittelbar und grantig sind LE BUTCHERETTES zwar immer noch, allerdings längst mehr als nur im Sinn von Punk, den sie zu Anfang ihrer Karriere mehr oder minder ausschließlich verkörperten. "bi/MENTAL" ist unabhängig von stark synthetisch geprägten Tracks wie 'strong/ENOUGH', dessen Text von überwundener Abhängigkeit erzählt, sogar weniger elektronisch als etwa ihr Schlüsselalbum ausgefallen, der Vor-Vorgänger "Cry Is For The Flies".
Die Gruppe aus El Paso, bei der sich alles um Enfant Terrible Teri Gender Bender (Gesang, Gitarre, Keyboard) und ihr politisches bzw. feministisches Sendungsbewusstsein dreht, verzichtete bei der Produktion ihres vierten Longplayers erstmals auf ihren langjährigen Kollaborateur Omar Rodríguez-López (u.a. At The Drive-In, The Mars Volta), was sich weder in musikalischer noch qualitativer Hinsicht aufs Ergebnis ausgewirkt hat. Nach Jello Biafras Ansprache im eröffnenden 'spider/WAVES' erweist sich "bi/MENTAL" schnell als von LE BUTCHERETTES gewohnter akustischer Wahnsinn mit Methode.
Ob man 'give/UP', ein zwischen Stoner Rock und Mathcore noch vergleichsweise konventionell anmutendes Stück, oder das erhebend polternde 'father/ELOHIM' mit Bläser-Antrieb, das überschwängliche, fast poppige 'little/MOUSE' oder das eher zurückhaltende, beinahe traurige 'in/THE END' heranzieht, das zerfahrene, stetig unterbrochene 'nothing/BUT TROUBLE' oder das zwischen Konfrontation und Entspannung flippernde Harmonie-Wunder 'struggle/STRUGGLE' - LE BUTCHERETTES geizen nicht mit um die Ecke gedachte Hooks und sprunghafter Theatralik, was zusammengenommen am Ende doch immer irgendwie aufgeht. Anspieltipp für Unbedarfte: das relativ geradlinige 'dressed/IN A MATTER OF SPEECH' mit Gastschreihals Alice Bag.
FAZIT: Garagen-Futurismus, Punk-Eklektizismus? Wie auch immer man LE BUTCHERETTES mittlerweile nennen möchte, die texanische Ausnahme-Formation bleibt exzentrisch, aufregend, atemlos, ohne das Songwriting zu vernachlässigen, und schafft mit "bi/MENTAL" ein Album mit so vielen abriebfesten Tracks zum wiederholten spastischen Abzappeln, wie man sie bisher nie von ihnen vorgesetzt bekam. <img src="http://vg01.met.vgwort.de/na/5f2d50c5ae044f059a2174c96531ca9b" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.08.2019
Rise
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05.07.2019