Der Name LIQUID ORBIT ist bei dieser Band insoweit Programm, als ihre Musik zu fließen scheint. Alles kann, nichts muss - ein Leitgedanke der psychedelischen Bewegung gegen Ende der 1960er, deren stilprägende Bands die Bremer zweifellos gründlich studiert haben und lieben dürften. Ihr jüngstes Werk bietet dementsprechend einmal mehr relativ klassischen Space Rock mitsamt der üblichen grellen visuellen Ästhetik, perlenden Gitarrenlinien einerseits und scheinbar unkontrollierten Freakouts, ein farbenfrohes Treiben für eine eindeutig umrissene Klientel und niemanden darüber hinaus.
Das bedeutet wohlgemerkt nicht, dass LIQUID ORBIT engstirnig sind. Weiter fassen kann man Rockmusik kaum, als es im Psych-Sektor gepflegt wird, und auf "Game of Promises" ist über den Einsatz einer charakteristisch schmatzenden Orgel als prägendem Stilmittel hinaus eine Menge möglich. Löblich zudem - und anders als bei manch anderem Act aus der Szene: Das Quintett verliert den Song an sich nie aus den Augen und komponierte zwar mit einem leichten Hang zur Überlänge, sackt aber zu keiner Zeit in ziellose Improvisationen ab.
Die meisterlich feinfühlig im Studio Institut für Wohlklangforschung produzierte Scheibe deckt ein breites dynamisches Spektrum ab, so wie die Instrumentalisten in einem fort Klangmauern aufschichten, bunten Mörtel verspachteln und, statt diesen trocknen zu lassen, mehr oder weniger unverzüglich die Abrissbirne schwingen. Wenn Frontfrau Sylvia dann hinters Mikrofon tritt, fühlt sich der LIQUID-ORBIT-Kenner endgültig wieder wie zu Hause, und Unbedarften wird bewusst, dass die Sängerin der wertvollste Posten bzw. das Alleinstellungsmerkmal der Formation ist.
"Game of Promises" ist für Nasoni traditionsgemäß und im Sinne der analog-geilen Vintage-Szene natürlich auch auf Vinyl zu haben. Die Fragen, ob man noch eines der auf 300 Einheiten limitierten Exemplare der "splatter"-farbenen LP in Klapphülle kaufen kann, wenn diese Rezension online geht, muss wahrscheinlich verneint werden.
FAZIT: Psychedelic Rock mit Weltraumraketenantrieb, spielerisch, schreiberisch und optisch typisch in Szene gesetzt und hinsichtlich dessen ziemlich perfekt - LIQUID ORBIT finden auf "Game of Promises" die perfekte Balance zwischen atmosphärischen Soundkulissen und Hooks mit Langzeitwirkung. <img src="http://vg01.met.vgwort.de/na/84589fa80ffd4469961ef4906d0e36b1" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.09.2019
Nasoni
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06.09.2019