Angeführt von Bassklarinettist Ugo Boscaïn und Trompeter Jérôme Fouquet experimentieren NEBULA MACHINA auf ihrem neuen Album in einem kammermusikalischen Kontext mit Drones und schaffen so einen recht neuen Typ von Ambient, der sich vermutlich erst dann richtig entfaltet, wenn man die Beteiligten nicht nur dabei hört, sondern auch sieht, wie sie ihre eigenwilligen Klänge erschaffen.
"Vento Nebbie Torrenti" ist schlicht gesprochen Avantgarde reinsten Wassers zwischen Klassik und Jazz, schrankenlos ausgelebte Freude am Klang und im Grunde eine Stegreif-Aufnahme, die es in dieser Form wahrscheinlich kein zweites Mal geben könnte. Die Musiker haben sich für die sechs aufeinanderfolgend immer länger werdenden Tracks zwar anscheinend gewisse Regeln bzw. Strukturen auferlegt, agieren auf dieser Grundlage jedoch weitgehend frei.
Mag sein, dass etwa in 'Simoun' Minimalmelodien zu Tage treten oder sich in 'L'eau de la Loue' eine vage Rhythmik andeutet - die Formation spielt ohne Schlagzeuger auf, stattdessen wird etwas das Cello akzentuiert gestrichen oder im wahrsten Sinn des Wortes auf Holz geklopft -, aber von Kompositionen im herkömmlichen Sinn lässt sich nicht sprechen.
Dass die Mitglieder einen improvisatorischen Jazz-Background aus diversen Quartetten und Sextetten mitbringen, hört man also zweifelsohne. Die arrivierte Kontrabassistin Leïla Soldevila versteht sich beispielsweise auf die Spezialgebiete kurdische und russische Musik sowie nicht zuletzt Tango, ist auf der ganzen Welt getourt und obendrein diplomierte Pianistin, doch all diese spielt für dieses Trio-Album keinerlei Rolle. Ihre musikalische Tätigkeit an den Schnittstellen zur Malerei und zum Tanz dürfte bei der Konzeption der Stücke hingegen durchaus eine Rolle gespielt haben, denn das Ganze hat schon etwas von Programmmusik für Vernissagen oder Ballette.
FAZIT: Man möchte sich NEBULA MACHINA anschauen, während sie "Vento Nebbie Torrenti" performen, denn auf Tonträger konserviert ist das Material ein Hauch von nichts, selbst wenn man sich dank der Nähe zu den Protagonisten, die die Produktion erzeugt, vorstellen kann, wie sich der Vorgang gestaltet. Letztlich lässt das Album einen jedoch unbefriedigt zurück, weil man es sich praktisch nicht zu Gemüte führen kann - außer mit dem Wunsch, sich einlullen zu lassen.<img src="http://vg07.met.vgwort.de/na/230f926f3ed8477680395b4bcdb88352" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.07.2019
Hevhetia
42:30
21.06.2019