Es gibt gute Neuigkeiten von NEMO!
Denn nach fünf Jahren Stille und dem großartigen Album <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2013/Nemo/Le-Ver-Dans-Le-Fruit/" target="_blank" rel="nofollow">„Le Ver Dans Le Fruit“</a> gibt‘s wieder ein deutliches, lautes Lebenszeichen von den progressiven Franzosen zu vernehmen! Auch wenn dieses (mit einer Ausnahme) nicht wirklich neu ist, sondern Altes im neuen Gewand präsentiert, so wird jeder Freund von NEMO garantiert mit „Présages“ glücklich werden – so viel ist klar! Ein echt gutes Omen eben, dass NEMO mit ihrem „Omen“-Album, das gerade seinen 15. Geburtstag feiert, in einer völlig neu aufgenommenen und um ein 13minütiges episches Stück erweitert, das mit dem Titel „Das Schlimmste ist die Zukunft“ nicht gerade Optimismus verbreitet, zurückkehren. Doch jede Menge Optimismus wird mit dieser neuen Version im hübschen Digipak plus 16seitigem Booklet für unsere progressiven Hörgewohnheiten verbreitet, wenn wir typischen Franko-Prog – immerhin werden auch alle Texte in französischer Sprache vorgetragen – in Verbindung mit klassischem Prog, der auf akustischen wie bombastischen Wellen zu reiten vermag, mögen.
„Présages“, das offiziell zweite NEMO-Album, enthielt bereits alle Zutaten, die den echt starken Sound der Band auch später ausmachten. Ein textliches Konzept, das eine spannende Geschichte über die Gefährdung unserer Umwelt erzählt, extrem wechselnde Stimmungen – von hart rockend über symphonisch bis ruhig, akustisch und verträumt, wobei sich immer wieder ein Piano und eine akustische Gitarre, die auch gerne traditionelle Flamenco-Elemente einflechten darf, in den Vordergrund spielt – und eindringlicher Gesang, der sicher für den Einen oder die Andere gewöhnungsbedürftig ist, gerade dann, wenn man dem sich noch immer verzweifelten Vorurteil unterwirft, dass Progressive Rock nur in Verbindung mit der englischen Sprache funktioniert.
Auch spürt man mit jedem Ton im Grunde Unverständnis dafür, warum es NEMO nie wirklich geschafft habe, die entsprechende Aufmerksamkeit für ihre Musik zu erreichen, wobei ihnen auch die Tatsache nicht half, dass sie live die Prog-Bühnen schon mit solchen Bands wie THE FLOWER KINGS, GALAHAD, ANGLAGARD oder SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR teilten, in der sie und ihre Musik ohne Einschränkungen mit eingeordnet werden können. Das gilt auch bereits für „Présages“, das mit dem fast 18 Minuten langen, fünfteiligen Longtrack „Les Nouvelles Croisades“ ein echtes Highlight der gesamten NEMO-Ära enthält, der sogar vor Jazz-Einschüben, grandiosen Improvisationen an Gitarre und Keyboard und dem provokanten textlichen Thema, das sich in (übersetzt) „Die neuen Kreuzzüge“ kritisch mit den religiösen Zwängen auseinandersetzt, wenn man nur einmal in die Klauen der modernen Kreuzritter geraten ist. Dieses epische Stück kombiniert klassischen und Art-Rock zu einer regelrechten Mini-Rock-Oper!
Der begeisterte Hörer wurde anno 2003 mit diesem Prog-Epos und seinen letzten zarten Klavier-Klängen aus dem offiziellen Album entlassen, doch in der neuen Version erwartet uns nun als Bonus ein weiterer, fast viertelstündiger Song, der diese Stimmung erfolgreich fortzusetzen vermag, dabei auf etwas mehr Härte und ausgiebigere Gitarrenpassagen sowie jede Menge symphonische Elemente setzt.
Nach „Le Pire Est Avenir“ jedenfalls sehnt man sich regelrecht nach dem nächsten komplett neuen Studio-Album von NEMO!
Hoffen wir mal darauf, dass diese Sehnsucht von dem französischen Prog-Quartett in nicht all zu langer Zeit erfüllt wird.
FAZIT: Die Franco-Progger von NEMO feiern ausgiebig den 15. Geburtstag ihres großartigen, bei den meisten Prog-Fans längst vergessenen, zweiten Albums „Présages“, indem sie es als neu eingespielte und um einen beeindruckenden Longtrack erweiterte Version wiederveröffentlichen. Progressive Rock wie man ihn sich wünscht, ohne Allüren, mit viel Leidenschaft, einem Gespür für die lauten und leisen Momente und einem spannenden Konzept, das auch jede Menge Improvisationen zulässt.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.01.2019
Lionel B. Guichard
Jean Pierre Louveton, Guillaume Fontaine
Jean Pierre Louveton
Guillaume Fontaine
Jean Baptiste Itier
Quadrifonic
76:47
12.09.2018