Was im Intro 'Aporia' noch auf Kosmische Musik oder Berliner Schule schließen lässt, weil hier ein schlichter Dur-Akkord als Arpeggio auf einem Synthesizer gespielt wird, entpuppt sich alsstilistisch relativ vielfältige Rock-Veranstaltung, der das letzte Quäntchen Esprit fehlt. NEORITE denken vieles an, führen aber nichts konsequent zu Ende.
Ihre Songs wirken zwar von vorn bis hinten stimmig konzipiert, doch "Temple of the New" hätte mehr sein können, wäre die Band auf eine einheitliche Linie festgelegt. Letztlich ist das Album in seiner Gesamtheit weder Fisch noch Fleisch - hier irgendwie "post" und dort "grungy", manchmal ein bisschen "progressiv", ein andermal umso geradliniger und bei alledem ziemlich schnöde. Handwerklich und produktionstechnisch gibt es an "Temple of the New" nichts zu beanstanden, doch die Scheibe wird in nicht einmal 40 Minuten dröge.
Oft erinnern NEORITE an frühe Alice In Chains ohne dementsprechende emotionale Intensität, was dann in beliebigem Stoner-Kram wie 'One Breath Life' gipfelt, dem zum Glück einzigen völlig vernachlässigbarem Track der Platte. Das stampfende 'In Circles' betont den kompakteren Aspekt im Songwriting der Musiker, und das etwas kürzere 'Emergence' punktet inmitten dominanter Düsternis mit kontrastiv erhebenden Parts, in denen sich die Band weniger versonnen als kämpferisch zeigt. Das steht ihr besser als das trantütige Gros des restlichen Materials.
Die scharfkantigen Riffs des abschließenden 'Whitewash The Black' etwa hat man in identischer oder ähnlicher Form schon zigmal woanders vernommen, genauso wie manche Wendung, die Frontmann Alex in seinen Refrains ausprobiert. Ohnehin verfügt er über zu wenig Charisma, um der Abwechslung Rechnung zu tragen, um die sich das Quartet auf instrumentaler Ebene bemüht.
Ein paar sehnsuchtsvolle Leads haben etwas für sich, genauso wie mehrere zweistimmig arrangierte, dem anhaltenden Vintage-Trend entgegenkommende Gitarrenharmonien; vereinzelte "Metallismen" bzw. mit Hardcore- bzw. Thrash-artigen Eruptionen inklusive Geschrei sind hingegen im gegebenen Kontext indiskutabel. Als einigermaßen aussagekräftigen Anspieltipp darf man das über acht Minuten dauernde 'Neology of Enlightenment' nennen, ansonsten bleibt die Platte sonderbar gesichtslos.
FAZIT: Die Münsteraner NEORITE spielen auf "Temple of the New" leider nur x-beliebigen Alternative Rock im weitesten Sinn, über den man schon unterbewusst hinweghört, ehe der letzte Ton der Scheibe verklungen ist. <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/35f834b26fcd4bf5b1e6ba33d771d584" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 7/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.04.2019
This Charming Man / Cargo
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15.03.2019