Schon doof, wenn man bereits beim sechsten Album angekommen ist, bislang alle chronologisch nummeriert hat und nur vier Stücke zu bieten hat, bei deren Aufzählung man dann gar nicht erst bis zum Titel der Platte gelangt … aber Spaß beiseite, auch wenn PAPIRs Einfallslosigkeit in Sachen Benennung von Liedern und Veröffentlichungen nichts Neues darstellt, hat sich die Gruppe auch 2019 eine Frische und Neugierde bewahrt, die weiterhin für ihren Sound einnimmt.
Anders ist diesmal nur, dass die Band die Produktion ohne Hilfe Außenstehender abgewickelt hat; das heißt, sowohl die Aufnahmen als auch das Abmischen und Mastern, ja selbst das Artwork unterstanden der eigenen Verantwortung der Mitglieder. Das Ergebnis kann sich hören bzw. sehen lassen, gleichwohl "VI" keine Überraschungen bietet, sondern jenen PAPIR-typischen, recht farbenfrohen Instrumental-Prog, der sich aus vielen stilistischen Töpfen speist.
'I' durchläuft innerhalb von fast genau zehn Minuten einen Wandel von Minimal-Psych durch üppig bewachsene Orgel--Täler zu einem vergessenen Eingeborenenstamm im Dschungeldickicht, wo die Band ihre Rhythmusgruppe gegen einen besonders nervösen Drummer und Bassisten auszutauschen scheint - doch am Ende sind es wieder die alten PAPIR, die mit eng verzahnten Gitarrenlinien und hintergründigem Geflöte viel aussagen, ohne nur ein Wort zu äußern.
'II' ist nach dieser Abenteuerreise relativ geradliniger Space Rock, typischerweise monoton und von einem hingebungsvollen Gitarren-Freakout gekrönt, bevor 'III" mit einem schillernden Melodie-Motiv, das um sich selbst kreist, ganz knapp am Psychedelic-Pop-Nirwana vorbeischrammen. Diese Leichtigkeit ist jedoch nur ein Vorspiel zum elfminütigen Magnum Opus am Ende.
In "IV" kulminieren nämlich nahezu alle Stilelemente, mit denen PAPIR von jeher jonglieren, und zwar auf denkbar mitreißendste Weise. Die Dänen machen Earthship mit diesem Monster-Jam nicht nur Konkurrenz, sondern wissen im Gegensatz zu den Amerikanern auch, wann das Verschwenderische nicht mehr der Musik selbst dient und stattdessen an purem Narzissmus grenzt. Besser geht's nicht.
FAZIT: Für "VI" weder die Produktion noch sonst irgendetwas dem Zufall zu überlassen hat sich im Fall von PAPIR ausgezahlt. Es ist das bisher vielfältigste, und packendste Album, strahlt aber dennoch untrügliche Ruhe aus und wirkt bei aller Buntheit sehr, sehr rund. Kurzgesagt: eine Psych-Prog-Meisterleistung. <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/353e86b8b8f7414e89e44e17bbb68bfb" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.05.2019
Stickman / Soulfood
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