Wenn PERIPHERY-Gitarrist Misha im Vorfeld der Veröffentlichung des neuen Albums seiner Band bemerkt, er würde sich wünschen man verbinde ihre Namen fortan mit Unberechenbarkeit, zeugt dies angesichts des innovativen Charakters der Gruppe von Understatement, stellt aber auch eine klare Kampfansage gegenüber all jenen, die sich unter dem Deckmantel des ach so modernen Progressive Metal schon seit einiger Zeit nur noch im Wiederkäuen althergebrachter Ideen ergehen.
Und althergebracht heißt dabei nicht selten: überhaupt erst von Kalibern wie der Grammy-nominierten Szene-Institution etabliert. Die Originale wären deshalb töricht, sich ebenfalls selbstgenügsam im eigenen Saft zu suhlen, und demgemäß lässt sich ihr neustes Werk auch als atemberaubende Sequenz von musikalischen Überraschungen umschreiben. Obwohl sich PERIPHERY zum ersten Mal in ihrer Karriere ein ganzes Jahr Zeit zum Komponieren genommen haben, gleicht ihr viertes Album einem Patchwork aus Eindrücken, von denen man monatelang zehren dürfte, bis sie ein schlüssiges Gesamtbild ergeben – falls überhaupt jemals.
Die Prog-Erneuerer jonglieren so zwanglos wie nie mit rhythmisch verqueren Riff-Brocken, Pop-Hooks und knallharten Electro-Sounds, dass einem schwindlig wird, wobei die Stimme von Spencer Sotelo, der wie gewohnt um sein Leben singt und brüllt, das Ganze irgendwie zusammenhält; dank ihr kommt die Band sowohl mit unverblümtem Orchester-Kitsch aus der Retorte als auch abgegriffenen Deathcore-Breakdowns davon. Ausgerechnet das unheimlich schroffe 'Blood Eagle' als Single auszukoppeln zeugt dabei ebenso von großem Mut wie der knapp zehnminütige Abschluss 'Satellites', in dem alles Vorangegangene praktisch noch einmal in gedrungener Form aufgearbeitet wird.
Man könnte vermutlich längere Abhandlungen zu jedem einzelnen Song der Platte schreiben, genauso gut aber auch empfehlen, sie einfach zu hören, denn man muss es einfach selbst erlebt haben, um es glauben zu können.
FAZIT: „IV“ ist das zweite Album dieser Tage neben Devin Townsends „Empath“, das in seiner respektlosen, aber hingebungsvoll ernst gemeinten Art langfristig Musikgeschichte (um-)schreiben wird. <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/fcd303b189ad46e7a015adc668134fc4" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.03.2019
Century Media / Sony
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05.04.2019