Es ist schon eine Crux, wenn eine Band in der Vergangenheit Großtaten vollbracht hat, an denen alle weiteren Veröffentlichungen gemessen werden, diese aber bisher auch nicht ansatzweise wiederholt werden konnten. Insbesondere nach dem Abgang des genialen Geoff Tate, dessen Einfluss auf die Metal-Shouter dieser Welt seit den 1990er Jahren immens ist und sich auf fast allen Veröffentlichungen seit dieser Zeit nachweisen lässt, fand der Abgesang auf eine Band statt, der mit ihrem Opus „Operation Mindcrime“ ein Monument für die (Metal-) Ewigkeit gelang. Folgerichtig tourt besagter Geoff Tate auch überwiegend mit diesem Material durch die Konzerthallen, ein Zugeständnis, das die verbleibenden Bandmitglieder ihm nach langem Rechtsstreit machen mussten.
Nun also Album Nummer 3 der Post-Tate-Ära. Der zwischenzeitliche Weggang des Gründungsmitglieds Scott Rockenfield konnte oder sollte im Vorfeld der Aufnahmen wohl nicht durch einen neuen Drummer kompensiert werden, so dass der seit 2012 vor dem Mikrofon stehende Todd La Torre sich kurzerhand der Sticks bemächtigte und den vakanten Schlagzeugschemel übernahm. Das Ergebnis ist annehmbar, wenn auch nicht überragend und ist einer meiner Kritikpunkte, denn die ansonsten sehr gute Produktion leidet etwas unter dem etwas faden Sound des Drumkits und der teilweise etwas zu sehr „hoppelnden“ Spielweise des Frontmanns. Nur gut, dass er diesen Part „Live“ wieder abgeben wird.
Das Werk startet standesgemäß mit dem griffigen „Blood Of The Levant“, im dem La Torre gesanglich erstmals brilliert. Grandiose, gedoppelte Leadgitarren, schöne Hooks und eine Bridge, die an stärkste QUEENSRŸCHE-Zeiten erinnert, lassen sicherlich nicht nur dem Die-Hard Fan das Herz aufgehen. „Man The Machine“ ist mir persönlich zu schlapp und als zweiter Titel der Scheibe deplaziert.
Glücklicherweise sind die Jungs aus Seattle mit „Light-Years“ wieder zurück in der Spur, denn hier gibt’s reichlich zu entdecken, auch hier wieder die formidablen, gedoppelten Leads der beiden Gitarreros Michael Wilton und Parker Lundgren. „Inside Out“ und „Propaganda Fashion“ halten das Niveau, bevor mit „Dark Reverie“ ein Gänsehaut-Track ansteht. Brillantes Songwriting, durch La Torre gesanglich perfekt in Szene gesetzt, während die Gitarren zunächst bewusst dezent gespielt werden, bis gegen Ende alle Register gezogen werden. Ganz starke Nummer.
„Bent“ und „Inner Unrest“ halten die Spannung locker aufrecht, bevor „Launder The Conscience“ etwas abfällt, aber auch das nur marginal,. „Portrait“ liefert dann den würdigen Abschluss einer starken Scheibe.
FAZIT: QUEENSRŸCHE sind mit „The Verdict“ zurück in der Spur. Nach durchwachsenen Outputs scheint der Abgang Geoff Tates endgültig überwunden und Todd La Torre vollständig in der Band angekommen zu sein. Das bisher beste Album der Post-Tate-Ära, das mit starkem Songwriting, virtuosen Instrumentalisten und fantastischem Gesang punkten kann. Einzig das etwas biedere Schlagzeugspiel stört und sollte durch Einsatz eines hauptamtlichen Felldreschers auf ein höheres Niveau geschraubt werden. Ein Werk, das ansonsten weit über dem Standard anzusiedeln ist.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.06.2019
Eddie Jackson
Todd La Torre
Michael Wilton, Parker Lundgren
Todd La Torre
Century Media Records
44:01
01.03.2019