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Raptvre: Monuments Of Bitterness

Stil: Avantgarde Black Extreme Metal

Cover: Raptvre: Monuments Of Bitterness

Ist es nur erstaunlich oder doch eher beängstigend, wie zielstrebig und giftig RAPTVRE den auf ihrem Demo eingeschlagenen Kurs weiterverfolgen? Alles Lob für die ersten drei Songs war nicht nur gerechtfertigt, sondern motivierte das Quartett - bzw. das Kern-Duo und seine beiden Mitstreiter - offenbar, noch ein bisschen fokussierter zu Werke zu gehen und nun ein Debüt vorzulegen, das von vorne bis hinten in fast allen Details deutlich mehr als nur überzeugt: Es fesselt mit seiner immensen Durchschlagskraft und Variabilität - oder es stößt genau damit in seiner eigenwilligen Hässlichkeit ab.

Die Atmosphäre kommt bei dem 40 minütigen Angriff jedenfalls nicht zu kurz, sondern auch in dieser Hinsicht erweist sich "Monuments Of Bitterness" als ein Album - fast hätte ich "vom alten Schlag" geschrieben -, auf dem nicht nur starke Songs aneinandergereiht wurden, sondern eben Kompositionen, denen anzuhören ist, mit welcher Begeisterung die Band sie eingespielt und veredelt hat. Veredelt? Ja, ihr habt richtig gelesen, denn mindestens so bemerkenswert wie die an allen Ecken und Kanten Funken stiebende Musik ist die keineswegs gefällige, umso differenziertere Produktion geraten, die zahlreiche Feinheiten wuchtig, klar und stimmungsvoll zur Geltung kommen lässt. Mit Verlaub, das ist nicht unbedingt das Klangbild, das ich von einer Newcomer-Band (die sich aus gestandenen Musikern zusammensetzt) auf einem relativ kleinen Label erwarte - umso eindrucksvoller ist, womit die Rheinländer hier um die Ecke kommen und einigen "großen" Bands eine lange Nase machen!
Doch der Reihe nach: Wer "Feast Upon Their Flesh" sein Eigen nennt, der wird sich vielleicht fragen, inwiefern das erste Drittel des Albums nichts Neues bietet, weil die Songs vom Demo sogar in derselben Reihenfolge das Langspiel-Debüt eröffnen - doch weit gefehlt! Die Neueinspielungen sind noch etwas dichter, klanglich noch differenzierter geraten, und preschen stellenweise so was von gnadenlos voran, dass die viel zitierte "Weiterentwicklung" in diesem Fall keine Floskel ist. Und das gilt für jedes Instrument. "Monuments of Bitterness" ist in der Tat ein Album geworden, das entdeckt werden möchte, das sich nicht Ohren-schmeichelnd an Hörer heranschmeißt, sondern am Rande des (Größen-)Wahnsinns tobt und tost, und sicher bei manchen erst mal einen chaotischen Eindruck hinterlässt. Wer jedoch gerade daran Gefallen findet, der wird mehr oder weniger schnell erkennen, dass hinter fast jedem noch so kleinen - häufig dissonanten - Detail die verwegene Absicht steckt, den jeweiligen Song auf die Spitze zu treiben. Wer das nicht glauben kann, möge sich "Shrouded" in einem ruhigen Moment zu Gemüte führen. Wie Schlagzeuger Johannes Kochs in den Track einsteigt, weckt Erinnerungen an erhabene Darbietungen von Emperor und Arcturus, die mehr als zwei Jahrzehnte zurückliegen. Wenn sich zur metallischen Dissonanz im Midtempo (ja, es gibt Midtempo - ab und zu) dann in der "Echokammer" noch ein Saxophon absolut stimmungsvoll hinzugesellt, dürfte es auch griesgrämigen Rezensenten schwer fallen, unabhängig von eigenen Vorlieben nicht die Originalität des komplex arrangierten Krachs zu honorieren. Wenn schließlich die achte Nummer "Sumerki... Temnota" nach knapp sieben Minuten verklingt, bleibt allenfalls die Frage offen, woher die vergleichsweisen jungen Musiker diese bemerkenswerte Souveränität nehmen. Dass sie mit ihrer kompromisslosen Darbietung keine unentschiedenen Reaktionen ernten werden, sollte ihnen nur recht sein - love us or hate us.
Hatte ich noch beim Demo geunkt, dass das klischeehaft plumpe Bandlogo die Klasse der Musik nicht reflektiert, so wurde es für das Debüt von Maxime Taccardi bestmöglich in sein garstiges Cover-Kunstwerk eingebunden, welches vorerst eine Digipak-CD ziert. Sollte es der Band gelingen, die auf dem Album verewigte Energie auf der Bühne zu entfachen, dürfte eine LP-Version nur eine Frage der Zeit sein, denn dann werden RAPTVRE zweifelsohne nicht nur im tiefsten Underground von sich reden machen.

FAZIT: "Monuments Of Bitterness" wird seinem verheißungsvollen Titel auf jeder Ebene gerecht und braucht im finsteren Black / Extreme Metal auch den Vergleich mit der internationalen Avantgarde des Genres nicht zu scheuen. Wenn die Band die z.B. auf einer Tour noch enger musikalisch zusammenwachsen sollte, dann dürfen wir uns auf all das freuen, was die Herren in Zukunft noch vom Stapel lassen werden.

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 10.11.2019

Tracklist

  1. Feast Upon Their Flesh
  2. Torn To Shreds
  3. Devouring Mist
  4. Throne Torcher
  5. Shrouded
  6. Echokammer
  7. Whispers Of The Wicked
  8. Sumerki... Temnota

Besetzung

  • Bass

    Stefan Braunschmidt

  • Gesang

    Thorn (session)

  • Gitarre

    Kirill Gromada

  • Schlagzeug

    Johannes Kochs (session)

Sonstiges

  • Label

    The Chrawling Chaos Records

  • Spieldauer

    40:35

  • Erscheinungsdatum

    22.11.2019

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