Ray Lema veröffentlichte erst kürzlich das Duo-Album „Riddles“ mit Laurent De Wilde, auf dem er sich nur dem Klavier widmete, was er nun mit "Transcendance" fortsetzt, gleichwohl ihn diesmal fünf weitere Musiker begleiten. Selbige dürften auch mit dafür verantwortlich sein, dass sich der 73-Jährige in stilistischer Hinsicht besonders vielfältig zeigt.
Das Sextett spannt einen weiten Bogen von funkigem Jazz wie dem eröffnenden Titelstück, das der gebürtige Belgisch-Kongolese mit seinem unverkennbaren Sprechgesang veredelt, oder dem darauffolgenden 'Zoukissa' bis zu beseelten (Instrumental-)Balladen mit seinem Pianospiel im Fokus ('Congo Rhapsody', 'Le Bout Du Chemin'). Wie die wendige Rhythmusgruppe die vielen Melodien dabei umspielt, raubt einem bisweilen geradezu den Atem, ohne dass der "Star" des Projekts dabei in den Hintergrund rücken würde.
Davon abgesehen aber, dass "Transcendance", das die Beteiligten übrigens mehr oder weniger komplett live eingespielt haben, eine Lehrstunde für Bassisten und Schlagzeuger darstellt, baut es eine faszinierende Soundkulisse mit Prog-Charakter auf, geprägt nicht nur von der herkömmlichen Combo-Besetzung, sondern gleich mehreren Holz- und Blechblasinstrumenten. Dem Ganzen wohnt eine dichterische Kraft inne, weil es sich ungeachtet des meistens vertrackten Fundament praktisch mitsingen lässt, wodurch es sich längerfristig ins Gedächtnis einprägt.
Das Album besitzt also schon jetzt einen zeitlosen Charakter und überrascht immer wieder, sei es mit dem schmatzenden Halbrocker 'Sin' oder dem abschließenden 'Chimères', einer kleinen Flötensinfonie.
FAZIT: "Transcendance" ist mehr als Weltmusik, die man gemeinhin mit afrikanischen Klängen gleichsetzt, gleichwohl auch diese auf der Scheibe zu hören sind. Ray Lema hat als Komponist, Arrangeur, Performer und Produzent gleichermaßen ein kunstvolles Panorama aus rhythmisch komplexem Jazz und eingängigen Liedstrukturen aufgebaut, das im Grunde außer Konkurrenz steht. <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/9761b3864ca04eed94d81d474ff64aa7" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 10.08.2019
One Drop / Broken Silence
43:59
16.08.2019