Keine Auseinandersetzung mit Ray Wilson, ohne Genesis zu erwähnen … Sein Engagement bei den gefallenen Progressive-Rock-Helden ist mittlerweile über 20 Jahre her, und der ehemalige Stiltskin-Sänger hat sich künstlerisch längst sowohl von der einen als auch der anderen Band emanzipiert. Dass er trotzdem bis heute auf ihre Kompositionen zurückgreift, wenn er live auftritt, widerspricht dieser Einschätzung nicht.
17 Jahre nach Beginn von Wilsons Sololaufbahn erscheint nun eine Zusammenstellung von Songs aus einer schöpferischen Periode, die zu Material für neun Studioalbum in verschiedenen personellen Konstellationen führte. Daneben enthält es auch zwei bisher unveröffentlichte und erst kürzlich geschriebene Stücke; diese aktuellsten Tracks in seinem Repertoire - 'Come The End of the World' und 'I Wait and I Pray' - stehen im Zeichen von Besorgnis um die politische und ökologische Situation auf unserem Planeten.
Vielleicht gewinnt man deshalb den Eindruck, diese Compilation sei tendenziell auf die dunkleren Momente in Wilsons Gesamtwerk ausgerichtet. Andererseits war der Barde schon immer ein nachdenklicher Zeitgenosse, wovon insbesondere opulent orchestral arrangiertes Pathos wie 'Ought to be resting' zeugt. Die leichtfüßige Komponente von Wilsons Schaffens decken hingegen das treibende 'American beauty' oder das mit Drum-Loops verbrämte 'She' ab, die kurioserweise an einiges erinnern, was Phil Collins während seiner frühen Solokarriere gemacht hat.
In keinem Fall wiederholt sich Ray Wilson bei dem, was er tut, auch wenn man eine klare Linie erkennt, die eben von seiner Eigenständigkeit zeugt. In derart geballter Form wie hier straft seine Musik in eindrucksvoller Weise alle Kritiker Lügen, die ihm gegenüber auch nach so langer nicht müde zu werden scheinen.
FAZIT: Wenn die umfassende musikalische Lebensbeichte "Upon My Life" am Tag des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU erscheint, spiegelt sich darin wider, dass Ray Wilson über die Jahre hin ein Künstler mit Finger am Puls der Zeit geblieben ist. Mancher mag in seinen Songs beliebige Mainstream-Rock-Pop-Ware sehen, doch der Teufel steckt im textlichen Detail, falls man nicht (sollte jeder tun, der nicht taub ist) längst erkannt hat, was für ein hervorragender Komponist, Arrangeur und letzten Endes auch Performer der Brite ist. Diese zwei CDs verleihen der Tatsache noch einmal entschiedenen Nachdruck, eher Ray einmal mehr zu einer Europatournee aufbricht … <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/5fb234e0a029477485786ad6f2fc62a2" width="1" height="1" alt="">
Erschienen auf www.musikreviews.de am 05.11.2019
Jaggy D / Soulfood
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01.11.2019