„October After All“ ist der siebte Tonträger, den Rhys Marsh solo oder gemeinsam mit AUTUMN GHOST veröffentlicht hat (plus weitere Werke unter verschiedenen Signets. Zu finden auch an anderer Stelle bei Musikreviews). Ein reifes Werk, das zu Recht hervorragende Kritiken erhält. Die Beteiligung von Tim Bowness am Album, das bereits im Frühjahr ewige Oktoberstimmung verbreitet, mutet an wie ein Treffen unter gleichgesinnten Freunden. Nicht umsonst empfiehlt das Presse-Info „October After All“ den Fans von WHITE WILLOW (am entferntesten verwandt), Steven Wilson (in getragenen Phasen, aber weniger weinerlich) und eben Herrn Bowness, der sich mit getragenen Gitarrenklängen, inklusive kleinen Jazztupfern, und Wehmut in Herzen, Geist und Melodie bestens auskennt.
Dass die begeisterte Journaille mit Vergleichen von CAMEL bis KING CRIMSON nicht geizt, ist knuffig, zeigt aber, dass eine Einordnung der Musik Marshs nicht so ohne ist (ich würde eher auf den seligen Colin Bearnscombe aka BLACK verweisen, gerade was den gedämpft-jazzpoppigen Einsatz des Saxophons angeht), betont damit aber letztlich ihre Eigenständigkeit. Rhys Marsh spielt alleine oder im Verbund mit einer kleinen Besetzung schwelgerischen Art-Rock, durchaus mit gefühligem Pop- und Jazz-Appeal. Da wird still gelitten, geseufzt und geliebt, die Rhythmussektion arbeitet dezent und ökonomisch, die Gitarren werden gestreichelt, die Keyboards sorgen für kaminwarme Atmosphäre und das Mellotron für einen freundlichen Kick zurück in die Zukunft.
Zusammengehalten wird das von Marshs anheimelndem Gesang, der die Hörer*innen des Albums sanft aber nachdrücklich umschmeichelt. Es gibt kleine Ausbrüche der hymnisch-pastoralen Art, Krach zu schlagen ist, über die gesamte Laufzeit, verpönt. Neben dem regulären Werk hält der Musiker zwölf Tracks zum kostenlosen Download bereit, die ihren Weg nicht aufs Album gefunden haben. Diese sind experimenteller, etwas roher und versprühen Übungsraumatmosphäre, besonders wegen der künstlichen Drums und der 80er-Jahre-Synthies, mit kleinen Hommagen an David Sylvian und Jon Hassell. Eine liebevolle, eigenständige Ergänzung, die den Geist des Hauptwerks nicht verrät.
FAZIT: „October After All“ ist die überzeugende Arbeit eines Künstlers, der sich eine Nische geschaffen hat, die viele Nachbarn und Freunde kennt, aber individuell gestaltet und eingerichtet wurde. Wie der Titel bereits erahnen lässt, kein Quell sprudelnder Freude, sondern ein intimes, eindringliches Elaborat, mit dem man die innere Flamme zum Lodern bringen kann.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 11.04.2019
Rhys Marsh
Rhys Marsh, Rohey, Silje Leirvik, Anders Bjermeland, Vilde, Tale, Tim Bowness
Rhys Marsh, Tim Bowness
Rhys Marsh
Rhys Marsh
Rhys Marsh, Arve Henriksen (trumpet), Kåre Kolve (saxophone)
Karisma Records
45:07
22.02.2019