Genauso wie Atypeek sind Futura Marge ein altgedientes französisches Label, das abgesehen von Underground-Kennern kaum jemand kennt. Während erstere von Indie über Hip Hop bis zu experimentellem Metal sozusagen das Feld "Alternative" abdecken, waren und sind letztere eine vorrangige Adresse für Jazz jeglicher Couleur. Beide sind nun ein Joint Venture eingegangen, und um dies zu feiern bzw. Interessenten auf das Repertoire von Futura Marge aufmerksam zu machen, erscheinen gleich zwei Sampler, um deren ersten es im Folgenden geht.
"Compilation Futura Marge Vol. 1" beginnt mit Jacques Thollots 'Cécile', einer stolpernden Klavier-Improvisation über eine zusätzliche verstimmt klingende Akkordzerlegung, arg anstrengend. Der Sampler enthält abgesehen davon viele Live-Aufnahmen wie von Roy Haynes mit einem Quartett, das sich während des Tango-artig stampfenden 'Bull Fight' über 13 Minuten hinweg in einen Rausch improvisiert. Wenn dann auch noch Schwergewichte wie das Archie Shepp Quintet Sidney Bechet mit einnehmendem Vocal Jazz huldigen oder Dexter Gordon mit einem seiner stets unterschiedlich besetzten Trios in 'Caloon Blues' vielmehr traditionell swingt als den Blues hat, fühlt man sich an die Hochphase des klassischen Stils von den 1950ern an erinnert.
Abbey Lincolns Ballade 'Throw It Away' stolziert gleichfalls mit dem Flair der Varietés des frühen bis mittleren 20. Jahrhunderts einher, wohingegen uns das nervöse 'Barbara Lowengreen Speed-Way' vom E-Bass getrieben in die Soft-Fusion-Gefilde der 1980er katapultiert, wobei der Track in der Tat an eine Fahrt über eine US-amerikanische Stadtautobahn denken lässt. Das Titelstück von Gitarren-Avantgardist Stu Martins Album "Sunrise" beschränkt sich indes auf noisigen Free Jazz am Rande des Unhörbaren, und Exzentriker Jaki Byards ist mit einer erst balladesken, dann sprunghaften Piano-Liebhaberei ('When Lights Are Low') vertreten.
FAZIT: Auf "Compilation Futura Marge Vol. 1" dürfte für jeden Freund und Kenner des Jazz in seinen vielen Farben etwas dabei sein, auch wenn man sich selbst als Liebhaber nicht mit allem anfreunden können wird - doch das liegt bei Kompilierungen in der Natur der Sache. <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/bfee2ba9887749088ab64027052da7a6" width="1" height="1" alt="">
Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.03.2019
Futura Marge
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01.03.2019