Auf Papenwohld Artist Residency No 2“ sind die musikalischen Erzeugnisse des gleichnamigen Kunstprojekts enthalten, das 2018 zum zweiten Mal auf dem Resthof Papenwohld nahe der Nordsee durchgeführt wurde. Neben den 15 Tracks auf dieser Compilations entstanden vor Ort u.a. Gedichte, Filme und Fotoalben, die allesamt im Zeichen einer Nischenkultur standen und stehen. Schließlich sind just dort alle Beteligten mit ihren unterschiedlichen Neigungen, Wurzeln und natürlich auch Stilen angesiedelt.
Ein gemeinsamer Nenner, auf den sich die Performer, Komponisten bzw. Songwriter und Produzenten zudem einigen können, dürfte der zwanglose Umgang mit sowohl elektrisch verstärkten als auch akustischen Klangerzeugern sein; ob Wandergitarre oder Synthesizer - alles war in der Künstlerresidenz Papenwohld erlaubt, und im Verbund lassen sich die drei Handvoll Stücke auf dem Sampler grob im Indie-Pop- bis Rock-Bereich ansiedeln, wobei Genre-Ausreißer wie der im besten Sinn exotisch aufspielende Afrikaner Alai K in der Natur der freizügigen Sache liegen.
Die Verschränkung aller erdenklicher Musikgattungen umfasst das fast traditionelle Liedermachertum von David Häußlers Form ebenso wie die retro-futuristischen Disco-Klänge von Yule Post (ihre schwungvollen Beiträge 'What in the World' und 'Fold Me In' sind definitiv Highlights der CD), die in gleicher Weise zum gepflegten Dance einladen wie von die Electro-Kost des Multimedia-Jongleurs Valquire Veljkovic aus Berlin, wo auch der Saxofonist Paul Berberich ansässig ist. Dessen Jazz-Nummer 'Treibgut' im Duett mit Mona Harry (gemeinsam mit RadarBird und 'VorOrt' oder allein in 'Vor Teilen' noch reizvoller) wirkt wiederum weitaus klassischer als sein Schulterschluss 'Serenity' mit dem zweifellos durch Filmsoundtracks geschulten Hamburger Pianisten Tom Gatza.
Dieser steuert in Form von 'Wait' den einzigen Live-Mitschnitt der Zusammenstellung bei und bezeugt darin traumwandlerische Sicherheit im Pendeln zwischen Ambient-artigen Strukturen sowie quasi-orchestraler Opulenz. Unterdessen lässt Yulie alias Vee 303 mit 'Clarity' die Alternative- Szene der frühen 1990er aufleben ,und Schlagzeuger Jörn Bielfeldt, der Kurator des Programms, reichert gut die Hälfte der Stücke unter seinem Nom de Guerre JBXDR mit weiteren wenn nicht zukunftsträchtigen, so doch unbedingt interessanten Experimentalnuancen an.
FAZIT: Das Projekt "Papenwohld Artist Residency No2" wurde nicht nur zur vollsten Zufriedenheit seiner Conceptioner umgesetzt, sondern bietet auch eine wunderliche Mischung aus musikalischer Abenteuerlust und konventioneller Songschmiede im Spannungsfeld Pop. Der künstlerische Anspruch ist hoch, das Resultat wirkt wider Erwarten nicht im Geringsten elitär oder verkopft, auch wenn Chart-taugliche Muzak natürlich etwas ganz anderes ist als das Metier der hier vertretenden Protagonisten. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/2f008d6d38e7420e874cce6d56ef90f4" width="1" height="1" alt="">
Erschienen auf www.musikreviews.de am 05.07.2019
Springstoff
53:33
21.06.2019