Wie der Titel bereits andeutet, beschäftigten sich WERIAN auf ihrem erste Longplayer mit der vermutlich ältesten Form von Religion oder spiritueller Lehre, dem Animismus. Die Deutschen haben es in nicht einmal zehn Jahren auf lediglich zwei Demos und einen Tape-Sampler-Beitrag gebracht, nehmen sich also Zeit zum komponieren und konzeptionieren ihrer Musik, was man ihrem Debüt auch zu jeder Sekunde anhört.
In den drei überlangen Songs auf "Animist" geht es also beileibe nicht so monochrom zu, wie das Artwork des US-Amerikaners Chadwick St. John suggeriert, der ebenfalls schon für Svartsyn und Arckanum zu Pinsel und Stift gegriffen hat; auf dem Album zeichnet er zudem für Intros und geräuschhafte Zwischenparts verantwortlich, die der übergreifenden Stimmungsmache förderlich sind.
WERIANs Stil lässt sich nicht zuletzt deshalb unschwer mit dem Präfix "Atmospheric" versehen, doch sich der Dreier unzweideutig im Black Metal bewegt, kann man ihn nicht ausschließlich darauf festnageln. Genre-typische Rasanz ist der Gruppe von jeher fremd bzw. spielt keine dominante Rolle in ihrem Sound, wohl aber Doom und vertrackte Strukturen, die an Prinzipien des Post Rock orientieren zu sein scheinen, weil alles einem dramatischen Höhepunkt entgegenstrebt.
Das beeindruckt umso mehr, weil das Material komplett live, also buchstäblich ohne Netz und doppelten Boden, im Nürnberger Tonstudio Katzer (u.a. Venenum) mit ausschließlich analogem Equipment aufgenommen wurde. Bereits die erste Nummer 'The Hex' ist in sich eine bedächtige Steigerung mit sowohl flirrenden Motiven als auch feisten Riffs, vor allem aber ein Paradebeispiel für organische Dynamik, wie sie nur wenige zeitgenössische Metal-Veröffentlichungen aufweisen.
Auch aus diesem Grund kommt das Hörerlebnis eher einer Klangreise gleich, als dass man von traditionellen (und rigiden) Songaufbauten sprechen dürfte. Die Dichte an wiederkehrenden Elementen ist nicht unbedingt gering, aber WERIAN schreiben nicht nach Schema F, sondern führen den Rezipienten lieber von A nach B, ohne ihm allzu oft ein und dieselbe Kulisse vorzusetzen. Das ist spannend und fordernd, der Weg dorthin schwarz … mit aufregend vielen grauen Schatten dazwischen. Wer unmittelbar brennenden Zündstoff sucht, ist hier falsch, denn dieses Ding lodert auf Sparflamme, dafür aber lange.
FAZIT: Als psychedelischen Black Metal haben Musikschreiber und Labels schon so manches bezeichnet, doch auf "Animist" trifft dieser Begriff wahrscheinlich so genau zu wie derzeit auf keine andere Band. das monumentale Songtripel, mit dem die Gruppe ihren Einstand gibt, sucht innerhalb der Szene seinesgleichen, speist sich sowohl aus Monotonie als auch progressivem Ethos und ist in seiner kauzigen Art voraussichtlich nur einer kleinen Minderheit von Fans vorbehalten. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/cd66169cb5b849019a25a3d8390f0abb" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.02.2019
Eisen
45:08
22.02.2019