Selten lässt eine Band und ihr Debüt-Album so offensichtlich ihre großen Vorbilder erkennen wie „Solitaire“ des italienischen Prog-Quintetts ALCANTARA!
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Auf „Solitaire“ vereinen sich die Klangwelten von PINK FLOYD zu „The Wall“-, „Final Cut“- und „A Momentary Lapse Of Reason“-Zeiten mit den solistischen ROGER WATERS-Ausflügen auf „The Pros And Cons Of Hitch Hiking“ und „Amused To Death“ sowie in den traurigen Momenten ein paar SYD BARRETT-Erinnerungen. Doch nicht nur musikalisch halten ALCANTARA einen waters-floydianischen Kurs, sondern auch bei den Texten und dem Konzept von „Solitaire“, in denen es um den gelebten Widerstand gegen das immer mehr kollabierende System und die dafür verantwortliche Lobby-Politiker-Kaste geht: „They fuck you up when you're a child / They fill you up until you smile / They've put a treasure in a goddess in the sky […] We are the resistance“ („Faith“).
Und um es von vornherein klarzustellen – wer ein Problem damit hat, dass es Bands gibt, die ihren Vorbildern nacheifern, in ihrer eigenen Musik versuchen, genau deren Atmosphäre sowie Tiefe und sogar Botschaften zu verbreiten, mit ähnlichen Sounds und Klang-Collagen arbeiten, der wird wohl mit „Solitaire“ nicht glücklich werden und nase- sowie ohr-rümpfend immer wieder seinen hirnverankerten Vergleichskatalog aufschlagen. Soll er doch! Und soll er die Finger von ALCANTARA lassen.
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Wer aber PINK FLOYD der letzten Waters- und ersten Nach-Waters-Ära sowie ROGER WATERS mitunter apokalyptisch veranlagten Solo-Werke, deren oft finstere Stimmung und die tragischen Texte mag, für den wird „Solitaire“ eine unglaubliche Bereicherung in seiner Plattensammlung sein. Ein Album, das er sicher immer mal wieder hervorholen wird, wenn er nicht ewig die gleichen Floyd-Werke wieder und wieder hören will, sondern Lust auf Neues hat, das nach Altem klingt, aber eben nichts Altes ist.
In diesem Falle ist aus FAZIT-Sicht „Solitaire“ von ALCANTARA mit seinen psychedelischen Schüben, traumhaften Melodien, bedrückenden Stimmungen und floydianischen Riffs sowie dem großartigen Sänger Sergio Manfredi, der manchmal auch ein zartes Tim-Bowness-Gefühl über seine Stimmbänder verbreitet, ein absoluter Volltreffer.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 05.07.2020
Sebastiano Pisasale
Sergio Manfredi
Francesco Venti, Salvo Di Mauro
Francesco Venti
Alessio Basile
Progressive Gears/Just For Kicks
46:58
03.07.2020