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Armagedda: Svindeldjup Ättestup

Stil: Norrländsk Svart Metall

Cover: Armagedda: Svindeldjup Ättestup

Dass die bösen Geister, denen ARMAGEDDA mit "Ond Spiritism" anno 2004 ein bis heute herausragendes musikalisches Denkmal setzten, nach rund 17 Jahren erneut aus Schwindel erregend tiefen Abgründen aufkreu(t)zen und die Bandmitglieder zur Widergängerei anstiften, das ahnten wohl nicht einmal die Musiker selbst. Auf ihr Vermächtnis angesprochen, stand für Gitarrist und Bassist A. (Gründer von Nordvis, u.a. musikalisch aktiv mit Saiva, Stilla, Lönndom [r.i.p.?], De Arma) lange Zeit fest, dass es dem nichts hinzuzufügen gäbe, und keinesfalls wolle man ARMAGEDDA unter Wert verkaufen, Leichenfledderei betreiben oder einfach nur zur oberflächlichen Unterhaltung beitragen. Umso mehr überrascht der diabolische Paukenschlag in Form des unlängst veröffentlichten Albums, mit dem das umtriebige Duo nebst Gast-Trommler M.S. (Michal Stepien, u.a. bei Owls Woods Graves und Over The Voids aktiv) im Grunde nur scheitern kann - oder...?

Nach der ebenso kurzen wie unheilvollen Einleitung "Det sjuttonde året" ("Das siebzehnte Jahr") greifen die Schweden unter dem Banner von "Ond Spiritism" mit aller Macht an, und das bei allem Respekt von meiner Wenigkeit kaum für möglich Gehaltene wird wahr und ARMAGEDDA machen quasi nahtlos da weiter, wo sie mit ihrem Meisterwerk einst das Leben aushauchten. Geisterhafte Melodien, hastig und manchmal nahezu abgehackt gespielt, wechseln sich ab mit grimmig kalten Riffs, die von dichtem, kraftvollen Schlagzeugspiel unterlegt sind, während der entrückte Gesang Graavs nicht nur vergleichsweise verständlich, sondern auch besessen wie ehedem erklingt. Für "Likvaka" wird das Tempo gedrosselt, und fast es scheint, als würde ein ferner Nachhall Bergraven’scher "Dödsvisioner" durch die schummrigen Melodien und Arrangements schimmern: Atmosphärisch besonders gelungen. "Djupens Djup" interpretiert den typischen, hier von Flüsterstimmen durchwobenen Black Metal der Schweden gegen Ende des Songs überraschend episch, "Guds kadaver (En falsk Messias)" tönt hingegen so biestig wie nur möglich. Graav scheint komplett in seinem Element, wenn er seine Abneigung auskotzt, seinem Widerwillen diese und jene räudige Stimme verleiht, seine abgründige Negativität in ein fortwährendes Granteln und Giften ummünzt. Watains Erik Danielsson, der einmal mehr für den mehr als gelungenen Schriftsatz des Albums verantwortlich zeichnet, dürfte anerkennen, dass ARMAGEDDAs Blasphemie ohne übertrieben theatralisches Gebaren auskommt, an Eindringlichkeit jedoch rein gar nichts missen lässt.

"Flod Av Smuts" greift auf der Gitarre eine melodische Spielweise auf, wie sie in ähnlicher Form einst Kampfar aus der Masse der norwegischen Black-Metal-Bands hervorhoben, hätte jedoch auch auf "Ond Spiritism" erscheinen können. "Evigheten i en obrytbar cirkel" mag als Titel Erinnerungen an - viel diskutierte - Burzum-Monotonie ("Rundgang...") erinnern, doch auch dieses rund zehn-minütige, atmosphärisch dichte Stück präsentiert ARMAGEDDA mit ihrem Signature Sound in Hochform und ist mit einer Konsequenz arrangiert und eingespielt, die den meisten Black-Metal-Bands bzw. ihren zu professionellen oder zu gekünstelt auf "old school" getrimmtem Produktionen heuer leider abgeht: Die Magie des Moments einzufangen, ist eine bemerkenswerte Stärke der Schweden spätestens seit "Ond Spiritism", und der Charakter des Handgemachten durchwebt die Musik von Anfang bis Ende. Überflüssiger Schnickschnack ist hier nicht zu finden, dafür jedoch träumerische Anklänge an Dissection.

Auch wenn "Svindeldjup Ättestup" seinem Vorgänger in zahlreichen Facetten ähnelt und sogar auf allen künstlerischen Ebenen zitiert (das Cover im Cover ist als Fingerzeig von Fans kaum misszuverstehen), handelt es sich keineswegs um eine blutarme Wiederbelebung der Band, sondern ARMAGEDDA rufen eindrucksvoll in Erinnerung, auf welchen Wurzeln das unvergleichliche Nordvis-Label fußt: Ohne ARMAGEDDA wohl kein Lönndom, kein Saiva, keine Heimstatt für Draußenseiter-Musik aus dem nördlichen Hinterland und (mittlerweile) sonstwoher...

Dark Throne mögen sympathische Kerle sein, deren "Hiking-Metal-Punk"-Attitüde den Göttern sei Dank im widerständigen Underground beim Jungvolk eigene Blüten treibt, doch in punkto Outback Black Metal bleiben ARMAGEDDA mitsamt ihrer nicht gerade wenigen Projekte - trotz der heillosen Eskapaden von S. - bis auf Weiteres konkurrenzlos.

FAZIT: So unerwartet ARMAGEDDA von sich hören lassen, so unbeirrt zocken sie auf "Svindeldjup Ättestup" ihren Norrländsk Svart Metall, und machen dabei auch heute noch eine bessere - sprich: besessenere - Figur als fast alle Bands, die jenen hinterwäldlerischen Stil des Black Metals aus der Einöde nordischer Länder vor rund einem Vierteljahrhundert inspirierten. Dem Album ist nicht anzuhören, wann es aufgenommen wurde, es hätte dem Klang zur Folge auch kurz nach dem bislang unerreichten "Ond Spiritism" erscheinen können. Abseits vom Symbol-überfrachteteten Mummenschanz im Black Metal nach 2000 und jenseits absurd gefallsüchtiger Pop-Varianten von "Black Metal" für Konsum-Kinder mit grenzdebilem Moralismus, rumpelt und kracht der Svart Metal aus Norrland zeitlos biestig aus den Boxen und beschwört jene unfreundlichen Geister, die ARMAGEDDA einst riefen - und offenbar nicht mehr loswerden. Traditionell im besten, tief schwarzen Sinne.

Punkte: 14/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.05.2020

Tracklist

  1. Det sjuttonde året
  2. Ond spiritism
  3. Likvaka
  4. Djupens djup
  5. Guds kadaver (En falsk Messias)
  6. Flod av smuts
  7. Evigheten i en obrytbar cirkel

Besetzung

  • Bass

    A.

  • Gesang

    Graav

  • Gitarre

    A., Graav

  • Schlagzeug

    M.S.

Sonstiges

  • Label

    Nordvis

  • Spieldauer

    48:49

  • Erscheinungsdatum

    15.05.2020

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