BAI KAMARA JR. stammt ursprünglich aus Sierra Leone. Aufgewachsen ist er als Sohn eines Diplomaten in England, seit über 25 Jahren lebt er in Belgien. Auch wenn der Singer-Songwriter in der Vergangenheit mit einigen Größen des Business auf den Bühnen gestanden hat – mit Cassandra Wilson, Rokia Traoré oder Vanessa Paradis zum Beispiel – dürfte sein Name nur wenigen bekannt sein.
Dies umso mehr, als KAMARAS bisher erschienenen sechs Alben kein bemerkenswerter Erfolg beschieden war. Das allein vermag zwar wenig auszusagen, wird beim Hineinhören in besagte Werke jedoch nachvollziehbar: Der dargebotene Mix aus Soul, Pop und Smooth Jazz bleibt zumeist an der Oberfläche und tönt insgesamt ziemlich unverbindlich.
KAMARAS neues Werk „Salone“ ist nun aber erfreulicherweise von ganz anderem Kaliber! „Salone“ bedeutet in der Sprache der Krio „Sierra Leone“ – und was der Titel andeutet, ist hier kein leeres Versprechen: KAMARA verschmilzt in völlig unverkrampfter Manier Elemente der Musik seines westafrikanischen Heimatlands mit dem Blues amerikanischer Prägung.
Stilmäßig ist es KAMARAS ureigene Musik, die man auf seinem neusten Werk zu hören bekommt, aber nicht nur das: Er hat alle fünfzehn Songs des Albums selber geschrieben und arrangiert und zudem sämtliche Instrumente und Singstimmen persönlich eingespielt – und was schon tausendfach misslungen ist, hat in diesem Fall vorzüglich geklappt, auch wenn man sich beim einen oder andern Song eine etwas weniger spartanische Instrumentierung vorstellen könnte.
Sowohl KAMARAS tragfähige Stimme als auch die Rhythmik seiner Songs erinnern beim ersten Hören an KEB‘ MO‘. Weiter verbindet die beiden auch die Kunst, mit ihrem Sound ohne zusätzliche Effekte einen stets vorwärts gerichteten, treibenden Groove entwickeln zu können. Bereits der Eröffnungssong „Can't Wait Here Too Long“ auf „Salone“ ist hierfür bestes Beispiel: KAMARA thematisiert die Schnelllebigkeit unserer Zeit und vertont seinen Text mit repetitiven, treibenden Hooks auf der Gitarre und stampfender Perkussion.
Zu den weiteren Highlights auf „Salone“ gehören „Black Widow Spider“, die eindringliche Geschichte über einen unerwünschten Eindringling, sowie „Homecoming“, eine einfache und schöne Umschreibung nostalgischer Gefühle. Überhaupt gewähren KAMARAS fein gesponnene Texte kleine und treffende Einblicke ins Alltägliche und wecken ganz nebenbei auch unsere eigenen Gedanken und Erinnerungen.
FAZIT: BAI KAMARA JR. serviert mit seinem siebten Album „Salone“ eine Portion wunderbar entspannten African-Blues. „Salone“ ist ein herausragendes Werk, nicht zuletzt auch der Tatsache wegen, dass es von KAMARA zu hundert Prozent in Eigenregie geschaffen wurde. Wie prächtig muss sich da erst die „Salone“-Live-Version von KAMARA JR. und seinen VOODOO SNIFFERS anhören?
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.02.2020
Bai Kamara Jr.
Bai Kamara Jr.
Moosicus
49:35
24.01.2020