Nach ihrem bemerkenswert starken Einstand mit der gleichnamigen EP (2017) legen die Kölner Psychedelic-Hard-Rock-Enthusiasten CATAPULCO nun endlich ihr erstes Langspiel-Album vor, das sie auf den passenden Namen "Pulpo" getauft haben. Was bereits äußerlich kreativ bunt anmutet, entpulpt sich gleich beim ersten Hören als kaum zu bändigender Anwärter auf das Rock-Album des Jahres, das viel mehr zu bieten hat als eine der handelsüblichen Vintage-Zitate-Sammlungen.
Dennoch tönt "Pulpo" vom Start weg vertraut: Es sind noch keine zwei Minuten seit den ersten Klängen des Openers "Sina" vergangen, da liegt eine Ahnung von Pink Floyd in der Luft, zwei weitere Minuten später hat der Song Fahrt aufgenommen, und zwar ähnlich lässig heavy rockend wie die unlängst wiederbelebten Zodiac. Nach fünf Minuten stellt sich für Kenner der EP ein weiterer Aha-Effekt ein, denn CATAPULCO haben einen hohen Wiedererkennungswert, und zwar nicht wegen den durchweg bockstark agierenden Musikern an Saiten- und Tasteninstrumenten sowie hinter dem Drumkit, sondern vor allem durch Rockröhre Matthias, dessen Gesang mitunter an den von Apollo Papathanasio (Spiritual Beggars u.a.) erinnert, der also vom Fleck weg mitreißt. Wo die Band nach rund neun Minuten anlangt, lässt sich als erster Höhepunkt des 18-minütigen Songs, gleichsam als Ohrgasmus beschreiben, doch wir sind gerade erst mal in der Mitte des Lieds angekommen, und es gibt kein Halten mehr. Wer da nicht mindestens mit Fuß und Kopf mitwippt, der ist klinisch tot.
Das Sextett spielt - und die Betonung dabei liegt auf SPIELT - sich durch eine hoch lebendige Best of mid Sixties - late Seventies Rock, ohne auch nur ein einziges Mal dabei irgendwie gezwungen zu Werke zu gehen, ganz im Gegenteil: Dort, wo andere Bands ihr enges Korsett nicht ablegen wollen oder können, um diesem oder jenen klassischen Stil möglichst originalgetreu zu huldigen, da lassen sich die Kölner von der Energie des jeweiligen Songs mitreißen und packen im Zweifelsfall mit Spaß in den Backen eine Schippe drauf, schlagen Haken, werfen sich die Bälle zu, lassen es krachen ohne Wenn und Aber. Dabei tritt jeder der Musiker mal ins Rampenlicht und begeistert mit einer Performance, von der sich ganz, ganz viele Bands eine riesig dicke Scheibe abschneiden dürfen. Was die Jungs hier in Eigenregie und mit Hilfe von Crowdfunding realisiert haben, ist einfach nur beispielhaft für alle, denen es in erster Linie um Musik geht.
Ich könnte jetzt zahlreiche Details wie den coolen Background-Gesang (wenn ich das auf der Release-Party richtig verstanden habe, von Matthias‘ Schwester), grandiose Gitarrensoli, die fett groovende Rhythmus-Sektion oder dramaturgisch einfach tolle Kompositionen erwähnen, doch das zu entdecken, sei jedem Abenteuerlustigen überlassen - ebenso wie die Suche nach dem Titelsong, der sich mit gerade mal einer Minute Spielzeit zwischen den ausgewachsenen Rockern ein wenig zu verstecken scheint. Der Hit der EP und absolute Live-Kracher, "Bird Of Prey Supreme" beschließt dieses gewaltige Album mit einer superben Neuaufnahme.
FAZIT: "Pulpo" sprüht vor Leben, Energie, Ideen, Leidenschaft und Musikalität nur so über, und CATAPULCO empfehlen sich uneingeschränkt für das Vorprogramm beispielsweise von The Brew, Audrey Horne oder eben den Beggars. Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn die Band nicht bald über die Grenzen des Rheinlands hinaus von sich reden macht.
Punkte: 14/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.03.2020
Lars Kaufmann
Matthias Voigt
Jan Elson, Till Skoruppa
Florian Bergmann
Steve Iceberg
Eigenveröffentlichung
37:29
22.02.2020