CHRISTOPHER PAUL STELLING scheint ein umtriebiger, ja rastloser Musiker zu sein. Dieser Eindruck entsteht jedenfalls, wenn man die lange Liste seiner bisherigen Lebensstationen anschaut und weiß, dass der Mann aus Florida jährlich Hunderte von Konzerten spielt, in Bars, Beizen, Nachtclubs und Theatern. Sein inzwischen fünftes Album „Best Of Luck“ ist nun allerdings eine ausgesprochen entspannte Angelegenheit – nicht von ungefähr.
Im Vorfeld zu den Aufnahmen seiner zehn neuen Songs bekam STELLING die Gelegenheit für einen Aufenthalt in einer Künstlerresidenz im Norden von Florida. Zum ersten Mal seit Jahren hat er, nach eigenen Worten, dabei in der Nähe von Jacksonville wieder zur Ruhe gefunden. Die mit diesem Aufenthalt verbundene Entschleunigung und Gelassenheit ist „Best Of Luck“ auch wirklich anzuhören – ebenso wie der Einfluss von BEN HARPER, der als Produzent und Mitmusiker unüberhörbar für Impulse gesorgt hat.
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Das Resultat von STELLINGS und HARPERS Zusammenarbeit ist schließlich ein vielfältiges und apartes Album, eine geschickte Verbindung im Bereich von Folk und Singer-Songwriter, da und dort dezent und gekonnt angereichert mit einem Quäntchen Blues, Soul, Gospel oder Pop – dies alles aber nicht in der Art von zusätzlicher Schminke, sondern in Form eines organischen Zusammengehens der erfreulichen Art.
Die Mehrheit der Songs auf „Best Of Luck“ gehört zur besinnlichen, ruhigen Sorte. Nur deren drei bewegen sich im Uptempo-Bereich; „Hear Me Calling“, ein Song über das Nicht-aus-der-Haut-können, rockt sogar ganz ordentlich, und „Blue Bed“ ist quasi das – rein instrumentale – Gegenstück dazu, eine Demonstration von STELLINGS Fertigkeit als Fingerpicker.
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Als Anspieltipps darf man beispielsweise „Have To Do For Now“ empfehlen, das wehmütige Hin und Her zwischen Erinnerungen aus der Jugendzeit und den Gedanken über eine ungewisse Zukunft; oder dann „Trouble Don’t Follow Me“, einen der Uptempo-Songs, mit optimistischer Aussage und in schwungvollem Gospel-Stil umgesetzt.
Einer der stärksten Songs des Albums ist „Until I Die“. Musikalisch kommt er direkt und unverfälscht daher, und im Text verknüpft STELLING die Idealvorstellungen von einer unerschütterlichen und lebenslangen Liebe mit den eher chaotischen und wirbligen Wendungen der Realität – „I’ ve been feeling under the weather, haunted by the terms of my surrender,
letters all marked return to sender – until I die.“
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FAZIT: Mit „Best Of Luck“ kann CHRISTOPHER PAUL STELLING das hohe Niveau seines letzten Albums („Itinerant Arias“, 2017) nicht ganz halten. Der erstmalige Einbezug eines Produzenten – auch wenn er BEN HARPER heißt – mag einerseits in vielerlei Hinsicht ein Türöffner gewesen sein, leider wurden anderseits bei dieser Zusammenarbeit aber auch Kanten gebrochen und Ecken geschliffen. Kein Grund allerdings, nicht zumindest hineinzuhören.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.12.2020
Mike Valerio, Jason Soda
Christopher Paul Stelling
Christopher Paul Stelling, Ben Harper, Jason Soda
Christopher Paul Stellin, Ben Harper
Jimmy Paxson
Ben Harper (B3, Harmonium, Bells), Julia Christgau (Backing Vocals)
ANTI-/Indigo
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07.02.2020