Nachdem er fünf Jahre lang keinen Fuß in Studios gesetzt hatte, fand der enigmatische Clem Snide kürzlich wieder Zeit für Aufnahmen, die Scott Avett von The Avett Brothers leitete und nun in kompilierter Form vorliegen. Die Zukunft des Projekts des Singer-Songwriters blieb lange Zeit ungewiss, weil er persönliche Probleme hatte, die sich letzten Endes wie so oft in Musik äußerten und vermutlich auch auf diese Weise lösen ließen.
"Forever Just Beyond" wurde produziert von Scott Avett (The Avett Brothers), einem perfekt passenden Zuarbeiter für den Singer-Songwriter, der sich von sachter Percussion begleitet ansonsten nur auf gedoppelte Vocals im Stil von Sixties-Duos wie Simon & Garfunkel und mehrstimmiges, aber stets unaufdringliches Gitarrenspiel verlässt. Hier mal ein paar Klavier-Tupfer, dort ein eingesetzter Flanger-Effekt, fertig ist zusammen mit der charakteristisch gebrochenen Stimme ein relativ einheitliches Bild.
Die wohl nach dem gleichnamigen, verstorbenen Kult-Filmkritiker benannte erste Auskopplung 'Roger Ebert' beginnt den Reigen auf melancholische Art, doch schon das flottere 'Don't Bring No Ladder' widerlegt den Verdacht, Clem Snide würde hier nur jammern, obwohl er sich mit einigen großen Fragen des Lebens und nicht zuletzt seinen offensichtlich in den Griff bekommenen Depressionen auseinandersetzt. Der Komponist und Sänger scheint sich abwechselnd an den Vorbildern Bob Dylan, Townes Van Zandt, Nick Drake und Van Morrison zu orientieren, um die Vergleiche plump mit den nächstliegenden Namen zu ziehen.
Eine eigene Handschrift bleibt dennoch stets erhalten - eben gerade wegen der Stimme bzw. Tatsache, dass die Textinhalte im Vordergrund stehen und das Zuhören dadurch manchmal regelrecht schmerzhaft wird. Anhand von Stücken wie dem bittersüßen 'Sorry Charlie' oder dem hoffnungsvollen 'The True Shape of Your Heart' darf man nichtsdestoweniger Licht am Ende des Tunnels sehen und …
FAZIT: … "Forever Just Beyond" als letzten Endes verhalten positives Album bewerten. Die Fortsetzung von Clem Snides Karriere war im Vorfeld der Musik, die er dafür schrieb, nicht absehbar, und insofern handelt es sich um einen leisen, inhaltlich tief unter die Haut gehenden Befreiungsschlag, dem nur ein einziges Singer-Songwriter-Klischee anhaftet - das des leidenden Künstlers, der mit seiner Musik Seelenarbeit betreibt. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/dd76e81216574697aaf81f10f3049ff5" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.03.2020
Ramseur / Thirty Tigers / Bertus-Membran
42:38
27.03.2020