"CMFT" steht - die Spatzen haben es längst von den Dächern gepfiffen - für "Corey Mother Fucking Taylor" (S-A-U-D-O-O-F-!-!-!), und wenn Slipknot- bzw. Stone-Sour-Sänger Corey Taylor zum ersten mal in voller Album-Länge von sich reden macht, spitzt die internationale Mainstream-Rock- und -Metal-Szene die Ohren umso aufmerksamer - zu Recht?
Der Amerikaner zeigt sich auf seinem Einstand bemüht facettenreich. Mit dem Opener 'HWY 666' und 'Meine Lux' (Volbeat, so wird's gemacht!) etwa verschränkt er Rockabilly-Gesten und prolligen Stadionrock. wobei er offensichtlich großen Wert darauf legte, mit ebenso spielfreudigen Gitarristen zusammenzuarbeiten wie bei seinen anderen Projekten. Die zugrunde liegenden Ideen gehen teilweise sogar auf Taylors Highschool-Zeit zurück-
Auf "CMFT" wimmelt es deshalb vor sportlichen Solos und vielseitiger Akkordarbeit, wobei die eigentlichen "Attraktionen" andere sind: Zu den Gästen des am Tag der Veröffentlichung noch 46-Jährigen gehören schließlich Marilyn Manson, Rob Halford (dessen Outfits er in einem aktuellen Videoclip aufs Korn nimmt), Auch-Musiker und Wrestler Chris Jericho sowie Zahnspangen-Rap-Terrorist ZillaKami, nicht zu vergessen Metallica-Quasselstrippe Lars Ulrich und Randy Blythe, das Sprachrohr von Lamb Of God.
Die Single 'Black Eyes Blue' ist leicht spießiger, allzu konventionell gestrickter Radio-Rock, dargeboten mit den metaphorisch breit gespreizten Beinen und mindestens einem angespannten Bizeps, eine der Schwachstellen des Albums (die andere? 'Silverfish', eine labbrige Ballade), das um Duette mit den Hip-Hop-Megastars Tech N9ne und Kid Bookie kreist - fast paradoxerweise inmitten von uramerikanisch anmutendem Classic Rock wie 'Samantha's Gone' oder 'Halfway Down'.
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Der anachronistische Rap-Metal 'CMFT Must Be Stopped' wirkt so gesehen wie ein Fremdkörper auf der Platte. Die Refrains ('Culture Head'! sind bei alledem erwartbar überlebensgroß und machen "CMFT" zu einer Platte mit Dauerbrenner-Potenzial, denn wenn Taylor 2020 eines nicht ist, dann berechenbar; bei 'The Maria Fire' kommt sogar ein bisschen Latin-Flair auf, 'European Tour Bus Bathroom Song' ist reiner, rüpelhafter Hardcore, doch "CMFT" bleibt von Anfang bis Ende völlig unaffektiert und aufs wesentliche fokussiert - gut gespielte Musik, zeitloses Songwriting.
FAZIT: Ein teils absehbares, teil überraschendes Soloalbum eines Modern-Rock-Superstars - Corey Taylor bestätigt seinen widerborstigen Ruf mit "CMFT" nachdrücklich und entfaltet seine Flexibilität als Songwriter so weit wie vielleicht nie zuvor. Herausgekommen sind nur wenig Standardware und dafür umso mehr Lieder, die sich dank souverän gemachter Schlenker in diese oder jene Richtung, nachdem sie auf ihre schlichte Art hin direkt gezündet sind, nicht abnutzen möchten. <img src="http://vg08.met.vgwort.de/na/37f75ca148784f97968b8b35e2c40161" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.09.2020
Corey Taylor
Roadrunner / Warner
49:47
02.10.2020