Ob man nun eine Neuinterpretation von TesseracT-Frontmann DANIEL TOMPKINS' Solo-Einstand braucht, sei dahingestellt, doch "Ruins" macht vorab zumindest insofern neugierig auf dieses Unterfangen, als der Titel eine Dekonstruktion des bekannten Materials in Aussicht stellt. Wie sich beim Hören rasch und erfreulicherweise erkennen lässt, ist dieses "Update" gewissermaßen alles, was das Original sein konnte und nicht war - ein in sich stimmiges Album nämlich, auf dem eben nicht Klangdesign der leidlich substanziellen Art im Vordergrund steht.
Man sieht sich dahingehend überrascht, dass die Kompositionen in modifiziertem Klanggewand und teils umarrangiert weniger reißbretthaft wirken. Gastgitarrist Plini, der sich gleich im eröffnenden 'Wounded Wings' (ursprünglich 'Black The Sun') einmal mehr als Vakuum-Sauger beweist … denn Schwerelosigkeit entspricht der musikalischen Leitlinie, der das Projekt insgesamt folgt.
Nichtsdestoweniger kommen die meisten Tracks erdiger daher als ihre Vorlagen aus dem Frühjahr 2019. 'Ruins' (auch damals das Titelstück) und das auf 'Kiss' beruhende 'Tyrant' entpuppen sich als raumgreifende Post-Metal-Nummern mit härteren Ausschlägen, die das ansonsten tendenziell ruhige Treiben dynamischer und emotional umso intensiver machen.
Trivium-Frontmann Matt Heafy macht den einzig exklusiven, erst jüngst geschriebenen und aufgenommenen Abschluss-Track 'The Gift' gerade durch seine Vocals zum größten Vergnügen von "Ruins" (denkwürdiges Hook!), und Chimpspanner-Kopf Paul Ortiz steht TOMPKINS zu mehreren Gelegenheiten als auffälliger Partner zur Seite, wobei seine eigene Musik zugleich auch als Referenz für den neuen (?) Sound des Sängers herhält.
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FAZIT: Auf "Ruins" bleibt nichts mehr von der poppig elektronischen Ausrichtung von "Castles" übrig, und das ist zumindest der subjektiven Meinung dieses Hörers nach auch gut so. DANIEL TOMPKINS "korrigiert" hiermit gewissermaßen alle Fehler, die sein nur okayes Debüt als Solokünstler aufwies, und bietet einwandfreien, Songwriting-technisch wasserdichten Modern Prog mit tollem Gesang bei grundlegend melancholisch nachdenklicher Stimmung - prima Winter-Platte! <img src="http://vg08.met.vgwort.de/na/c603109e75f242c4b03810cd19e4beba" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.12.2020
Daniel Tompkins
Daniel Tompkins
Matt Heafy, Chimpspanner, Plini, Daniel Tompkins
Daniel Tompkins
Daniel Tompkins
Kscope / Edel
50:23
11.12.2020