Bei allem Respekt dafür, dass sich Glenn Danzig nach einer längeren Durststrecke anscheinend sowohl auf privater als auch künstlerischer Ebene wieder einigermaßen gefangen hat: Egal in welcher Inkarnation - mit The Misfits, Danzig, solo oder sogar mit Samhain -, sein Schaffen beschränkte sich in den letzten Jahren auf nostalgische Projekte oder Coverplatten, deren nun eine weitere zur Diskussion steht.
Die Neuinterpretationen von Liedern aus den 1950ern und 60ern, die auf der Danzig-LP "Skeletons" standen, nahm "Sings Elvis" ebenso vorweg wie die sehr frühe Samhain-Bearbeitung von 'Trouble', das Presley von King Creole adaptierte - ganz zu schweigen vom Gesangsstil des Frontmanns, dessen Timbre und Tonfall schon immer viel nicht nur von The-Doors-Ikone Jim Morrison, sondern eben auch Elvis hatten.
Immerhin ist Glenn ein Kind jener Phase und wuchs mit 'Jailhouse Rock' und Co. auf, wobei er auf dieser Platte allerdings auf solche abgegriffenen Standards verzichtet, womit er sich als wahrer Kenner der Materie erweist. Ob die Metal-Gemeinde, wo er nach wie vor die meisten Anhänger hat, viel mit aufgemotzten Elvis-Liedern anfangen kann oder nicht: das Unterfangen ist dem Künstler denkbar gut gelungen.
Glenn, der dieser Tage auch einen ersten, nach seinem Comicverlag benannten Horrorfilm ("Verotika") bewirbt, hält sich weitgehend an die Original-Arrangements, was wohl auch gut so ist. Produktionstechnischen Zierrat (weiblichen Chorgesang etwa), wie ihn der "King" in seiner späteren Karriere zuließ, als hätte er dem Rock 'n' Roll seine Ursprünglichkeit nehmen wollen, verkneift sich der von Fans seit je “Evil Elvis” genannte Sänger zum Glück.
Die Arbeit an der Scheibe zog sich lange hin, doch sie vermittelt nun nicht den Eindruck, Stückwerk zu sein. Genaugenommen fährt Glenn gemeinsam mit seinem nunmehr verlässlichen Nebenmann Tommy Victor (Prong, Gitarre) den vermutlich besten Sound einer Veröffentlichung seit Jahren, auf der sein Name prangt.
Das stampfende 'One Night' von 1957, das auch die Band Danzig bereits live dargeboten hat, ist ein Beleg dafür, dass Danzig an seinen Stimmbandproblemen gearbeitet haben dürfte, und 'Fever' scheint ihm wie auf den Leib geschneidert zu sein. Selbst Nummern, die man ihm nicht zuweisen würde - allen voran 'Pocket Full of Rainbows' -, gehen ihm natürlich von der Hand, zumal solche Rockabilly-Reißer (auch 'Always on my Mind' oder 'Baby, Let’s Play House' ) dem betagten Dunkelmann mittlerweile eventuell besser als bemüht metallische Gesten stehen
FAZIT: Glenn Danzig und Band vergreifen sich wider erwarten sehr würdig an weniger offensichtlichen Auszügen des Repertoires von Elvis Presley. "Sing Elvis" ist zwar eine Kuriosität und nichts im Vergleich zu den frühen eigenen Kompositionen der Gruppe, aber ein durchweg hörenswertes Lebenszeichen, dem gern endlich ein neues amtliches Album folgen darf. <img src="http://vg01.met.vgwort.de/na/a98e4d85db82446685228dcdfa0b72e9" width="1" height="1" alt="">
Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.04.2020
Cleopatra
39:28
24.04.2020