Eamonn Dowd stammt aus Irland, lebt in Schweden und „Songs From The Fever Ship“ ist das achte Album von THE RACKETEERS in 22 Jahren. Und was für eins. Als Drummer und vorzüglicher Texter ist Eamon Carr (nur ein „n“ am Ende) von den legendären HORSLIPS mit an Bord des Fieberschiffs.
„Songs From The Fever Ship“ bietet Musik zwischen BOB DYLAN, NEIL YOUNG, den WATERBOYS, RICH HOPKINS und natürlich den HORSLIPS, aber von ganz eigenem Schlag. Dem Albumtitel entsprechend fegt eine steife Meersebrise durch die Musik. Die schnelleren Songs segeln hart am Wind („Crow’s Nest“, „Oh Hangman“), die Balladen loten dunkle Tiefen aus, alles dazwischen besticht durch eine wohlgeratene Mischung aus Lakonik und Intensität.
Die Instrumentierung wandelt zwischen Folk und Rock. Gleich zu Beginn kommen Akkordeon und Fiddle gewichtige Rollen zu, gelegentlich passend unterfüttert durch satte Orgelklänge. Im Mittelpunkt des breit gefächerten Arsenals stehen aber Saiteninstrumente, akustische einen Deut mehr als die elektrisch verstärkten Äquivalente.
„I Had Wished For A Sweetheart's Song” ist einer der bewegendsten Slow-Songs des Jahres 2019, der ohne Umschweife mit nach 2020 genommen wird. Geprägt von Eamonn Dowds herrlich knarziger Stimme wird das Lied in luftige Höhen geschraubt dank eines beseelten weiblichen Chores. Dazu noch die herumspukende Harmonika und eine beißende E-Gitarre – “I had wished a sweetheart’s song, a summer smile and a harvest kiss”. 10 von 10 auf der Jackie Leven-Gedächtnis-Scala.
Herausragend auch das fast zehnminütige Epos “Two Black Crows” (“on a deadman’s ditch”), das so creepy, drängend und schmerzhaft bohrend ist wie man es sich von einer Mörderballade auf stürmischer See nur wünschen kann. “The Greenwood Shade” ist einer der besten Songs, die NEIL YOUNG & CRAZY HORSE in den letzten Jahren nicht geschrieben haben. Der geschmeidige Orgeleinsatz sorgt überdies für ein ganz eigenes Timbre.
Aber man braucht nicht jeden Song einzeln zu sezieren, „Songs From The Fever Ship“ ist ein Gesamtkunstwerk, das einmal mehr belegt, dass Rock nicht tot ist und keineswegs verzweifelt Retro klingen muss. Und zum Ausklang reichen gespenstische, verzerrte Gitarrenklänge, Glocken und ein vor sich hin erzählender Eamon Carr um die Bandbreite noch einmal zu erweitern.
FAZIT: Schweden scheint ein Hort für exzellente Musik abseits ausgetretener Mainstreampfade zu sein. Wie passend, dass Christian Smedström den Kontakt zu Eamonn Dowd herstellte. Brüder im Geiste, die wissen, wo und was der Teufel in der tiefen blauen See fiedelt. Voller Energie, herzerwärmend und stellenweise schmerzhaft intensiv. One Black Crow? „Two Black Crows“! Groß.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.01.2020
Les Keye
Eamonn Dowd, Miriam Ingram, Freja Dowd, Eamon Carr, Les Keye, Asa Kärrmann
Eamonn Dowd, Thomas Ponten
Jim Lockhart, Eamonn Dowd
Eamon Carr, Alan Cowan
Eamonn Dowd (mandolin, harmonica, fiddle), Sheila Sullivan (violin), Ken Whelan (accordion), Jim Lockhart (flute, tin whistle), Jakob Sollerman (sousaphon)
Intendance
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06.12.2019