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Galahad: Following Ghosts – Expanded Edition

Stil: Progressive Rock

Cover: Galahad: Following Ghosts – Expanded Edition

<b>„'Following Ghosts' war das vielfältigste, vielseitigste und erfolgreichste Album, das die Band bis dahin aufgenommen hatte. Die Einflüsse waren sehr unterschiedlich und reichten von offensichtlichen Progressive-Rock-Einflüssen bis hin zu Dance-Elementen, Breakbeats, Ambient- und orientalischen Klängen sowie Hinwendungen zu akustischeren, pastoralen Folk-Einflüssen, kombiniert mit klassischen Orchestrierungen und einem gelegentlichen Hauch von Jazz.“</b> (Stuart Nicholson – Sänger von GALAHAD)

Waren den bereits in den 80ern gegründeten GALAHAD anno 1998 die guten Geister etwa abhanden gekommen oder beschworen sie neue herauf, denen sie zu folgen bereit waren?
<a href="https://www.youtube.com/playlist?list=OLAK5uy_ljOGfY8511vmQZf8KHgfDKMCGDWYKOgdI" target="_blank" rel="nofollow">„Following Ghosts“</a> markierte vor nunmehr 22 Jahren bei der britischen Prog-Band mit starker Neo-Schlagseite einen deutlichen Sinneswandel, der unverkennbar durch den Keyboarder-Wechsel von Karl Garrett zu Dean Baker ausgelöst zu sein schien, was auch Stuart Nicholson betont: „Dean hatte einen unmittelbaren Einfluss auf die Band und entwickelte lauter interessante und abwechslungsreiche Ideen, von denen es viele auf das Album schafften. Galahad bekamen so eine modernere Note im Spektrum des Progressive Rock, übrigens ein Genre-Begriff, der zu dieser Zeit noch sehr, sehr uncool war, was uns als Band aber nur wenig kümmerte.“

Plötzlich also tauchten jede Menge für GALAHAD ungewohnte 'unprogressive' Elemente auf, aber auch MARILLION und IQ (Na klar doch, bei einem Stuart Nicholson als Sänger!) ließen nach wie vor an vielen Ecken und Enden grüßen. Auch akustische Klänge gewannen immer mehr an Bedeutung und stellten einen schönen Kontrast zu den streckenweise bombastischen, symphonischen Melodic-Rock-Melodien dar.
GALAHAD waren auf dem Weg, sich neu zu entdecken, zu definieren und zu erfinden. Sie folgten dabei zielstrebig dem Geist der damals schwer angesagten 90er und hätten mit einigen ihrer Sounds sogar ENIGMA ausstechen können. Auch der verstorbene Neil Pepper zupfte noch die Basssaiten, während Sarah Quilter (nach ihrer Heirat Bolter) dem symphonischen Album-Sound mit Flöten und Klarinetten sowie ihrem elfenhaften Gesang eine akustische, fragile Klangfarbe hinzufügte.

Grundsätzlich blieben GALAHAD jedoch dem Progressive Rock treu, auch wenn sie ihn mit modernen Soundfarben anmalten. Und wer glaubt, GALAHAD nur an ihren letzten großartigen Alben <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2012/Galahad/Battle-Scars/" rel="nofollow">„Battle Scars“</a> (2012), <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2015/Galahad/Empires-Never-Last-The-Deluxe-Edition/" rel="nofollow">„Empires Never Last“</a> (2015) oder <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2018/Galahad/Seas-Of-Change/" rel="nofollow">„Seas Of Change“</a> (2018) festmachen zu müssen, dem ist mit „Following Ghosts“ ein echter Prog-Leckerbissen der besonderen Art durch die (Ohr-)Lappen gegangen.
Ganz ähnlich sehen das wohl auch GALAHAD und überraschen uns mit einer Neuveröffentlichung dieser „Geist“reichen Scheibe, die es mehr als in sich hat – und das gleich auf dreifache Weise.

Mit „Following Ghosts – Expanded Edition” gibt es eine Dreifach-CD im fetten Digipak samt 16-seitigem Booklet, in dem ausführlich die Geschichte zum Original-Album und dessen zwei zusätzlichen Alternativ-Versionen (Ja, die gibt’s tatsächlich in ihrer kompletten Klangschönheit als CD's dazu!) erzählt und bebildert wird.

Die ersten beiden, sich deutlich ähnelnden CD's, der soundtechnisch hervorragende 2019er Mix von „Following Ghosts“ und die „Alternative Ghosts“, eine komplette Neuabmischung von Alternativversionen des Albums durch Karl Groom, dieses Mal aber mit Mark Spencer am Bass und Lee Abraham an der Gitarre, zelebrieren ihre Kombination aus Neo-, Retro-, Sympho- und Art-Prog, ohne an ruhigen oder einfühlsam-poppigen Klängen zu sparen, auch wenn sie gleich zu Album-Beginn die Metal-Keule auspacken.

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CD 1 beginnt (zusätzlich) mit einem herzlichen, weiblich ausgesprochenen, Dankeschön an den Hörer und dem Hinweis, wie er sich am besten zwischen den Boxen platzieren sollte, um „Following Ghosts“ im neuen Klanggewand ausgiebig genießen zu können. Kaum hat man sich an diese Anleitung gehalten, gibt’s gleich mit „Myopia“ eine fett hardrockende Breitseite auf die Ohren, um sich kurz darauf in die besten, sogar hymnisch angehauchten Progressive-Rock-Höhen zu erheben. „Following Ghosts“ entwickelt sich in den fast 74 Minuten der ersten bzw. den 66 Minuten der zweiten CD so zu einem abwechslungsreichen, symphonischen Prog-Werk, das aus heutiger Sicht locker mit den ruhigeren Alben von IQ und MARILLION, aber auch CAMEL und PENDRAGON mithält.

Mit der dritten CD werden einige Proggies sicher ihre Probleme haben, denn hier sausen die „Following Ghosts“ in eine, manchmal etwas gruselig 'modern-technokratisch' erscheinende Richtung. Vielleicht gerade darum macht es die 3-CD-Veröffentlichung besonders wertvoll, weil sie nun alles, was 1998 rund um dieses Album entstand, in sich vereint.
„De-Constructin Ghosts“ war ursprünglich eine separate Begleitveröffentlichung zum Hauptalbum, die unter dem 'Bandnamen' GALAHAD ELECTRIC COMPANY im Jahr 1999 erschien. Auf der wirklich seltsam anmutenden 'Dance'-Scheibe befinden sich 15 GALAHAD-Songs, die von anderen Musikern, DJ's und Re-Mixern umgeschrieben und neu arrangiert wurden. Dabei verlieren sie mitunter ihren ursprünglichen Wiedererkennungswert, passen aber bestens in die damalige Zeit, in der man für viele Bands, um in der Club-Szene bestehen zu können, extra Maxi-Versionen produzierte, die auch bis zur Unkenntlichkeit verändert, aber garantiert tanzbar waren. So gesehen finden wir auf der dritten CD 15 Maxi-Versionen a'la Dub, Dance, Techno, Rhythm'n'Soul usw. von einer Band, die sich dem Progressive Rock verpflichtet fühlt.
Wann hat's so etwas je gegeben?
Ein verdammt mutiger, aber für viele sicher auch sehr polarisierender Schritt in Richtung Moderne. Jedenfalls bietet sich der eine oder andere Song dieser Zusammenstellung auch bestens für die Loveparade an, wenn die mal wieder, nach dem Unglück in Duisburg vor genau 10 Jahren, irgendwann durchstarten sollte.

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FAZIT: Nach 22 Jahren offenbaren uns die britischen Prog-Rocker GALAHAD ihr „Following Ghosts“-Album aus dem Jahr 1998 auf drei CD's in insgesamt zwei ganz neuen Gewändern. Als den 2019er Re-Mix des Originals durch Karl Groom, wobei alle Tracks von den Originalbändern (sechs große, extrem schwere 2-Zoll-Bandspulen, die man auch im umfangreichen Booklet bewundern darf) auf einem 64-GB-USB-Stick digitalisiert wurden und ebenfalls durch Karl Groom als „Alternative Ghosts“ neu abgemischte alternative Versionen aller Songs, diesmal aber zusätzlich mit Mark Spencer am Bass und Lee Abraham an der Gitarre. Die dritte, garantiert viel Prog-Freunde verstörende, CD enthält unter dem Titel „De-Constructing Ghosts“ tanzbare, von anderen Musikern und/oder DJ's eingespielte Re-Mixe verschiedener GALAHAD-Songs, die einen gewaltig an die in den 90ern so beliebte Variante von remixten Songneuveröffentlichungen auf Maxi-Singles erinnert. Die Geister von GALAHAD folgen uns seit 1998 unaufhörlich bis in die Gegenwart – zum Glück, kann man da nur sagen.

Punkte: 12/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.09.2020

Tracklist

  1. <b>CD 1 – Following Ghosts (2019 Mix)</b> (73:50):
  2. Myopia
  3. Imago
  4. A Short Reflection On Two Past Lives – Part One
  5. Karma For One
  6. Perfection Personified
  7. Bug Eye
  8. A Short Reflection On Two Past Lives – Part Two
  9. Ocean Blue
  10. Rejuvenation
  11. Easier Said Than Done
  12. Shine
  13. *Like A Bolt Out Of The Blue
  14. **The Pain Shee Feels Inside
  15. ***Shine On...
  16. <b>CD 2 – Alternative Ghosts</b> (65:43):
  17. Myopia
  18. Imago
  19. A Short Reflection On Two Past Lives – Part One
  20. Karma For One
  21. Perfection Personified
  22. Bug Eye
  23. A Short Reflection On Two Past Lives – Part Two
  24. Ocean Blue
  25. Rejuvenation
  26. Easier Said Than Done
  27. Shine
  28. <b>CD 3 – De-Constructing Ghosts (2019 Re-master)</b> (73:37):
  29. Dusty Rhodes
  30. Imago Separation Mix
  31. Cheese Roll Rozwell
  32. Ultra Shine
  33. Holy Curry Land
  34. Ocean Black
  35. Karma Divine
  36. The Bliss Police
  37. Myopic Distortion
  38. Stu Goes To Morocco
  39. Enshillar Surf Punk Mix
  40. Great Portland Bleats
  41. Blind
  42. Sludge Flute Landing Zone
  43. (We Will Always) Remember The Good Times…

Besetzung

  • Bass

    Neil Pepper, Mark Spencer, Tim Ashton

  • Gesang

    Stuart Nicholson, Sarah Quilter

  • Gitarre

    Roy Keyworth, Lee Abraham, Karl Groom

  • Keys

    Dean Baker

  • Schlagzeug

    Spencer Luckman

  • Sonstiges

    Sarah Quilter/Bolter (Flöte, Klarinette, Saxofon, Gesang), Richard Roberts (Violine)

Sonstiges

  • Label

    Avalon Records/Just For Kicks

  • Spieldauer

    213:10

  • Erscheinungsdatum

    07.09.2020

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