Just als die Industrial-Metal-Darlings Fear Factory richtig durchstarteten, kam es einer Elefantenhochzeit gleich, als Black-Sabbath-Bassist Geezer Butler ein Soloalbum mit Burton C. Bell ankündigte, dem Shouter der Amerikaner. Die Begeisterung beim tatsächlichen Hören der Kollaboration hielt sich letzten Endes zwar in Grenzen, doch "Plastic Planet" (seinerzeit unter dem Bandnamen g/z/r erschienen) ist ganz davon abgesehen, dass es in einer enorm reizvollen personellen Konstellation entstand, prima gealtert und von Anfang an ein durchdachtes Gesamtwerk mit überwiegend starken Songs gewesen.
'Catatonic Eclipse' wäre beispielsweise auch ein guter Sabbath-Song mit Ozzy Osbourne am Mikro geworden, so wie man sich auch vorstellen kann, dass das Riff von 'Giving Up The Ghost' aus Tony Iommis Feder geflossen sein mag. Das stoisch eintönige 'Drive Boy, Shooting' ist in seiner Simplizität griffig wie blöde, und 'The Invisible' kommt mit einem jener monumentalen Grooves daher , für die Deen Castronovo berüchtigt ist. Bells von jeher eingeschränkte melodische Stimme passt unterdessen super zur stilistischen Ausrichtung des Projekts.
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Dem ultra-schleppenden 'Séance Fiction' folgt das nahgerade thrashig flotte 'House Of Clouds' als Highlight des Albums, wohingegen das atmosphärische 'Cycle Of Sky' mit den einzigen unverzerrten Parts am Ende zu spät kommt, denn mehrere Ruhepole hätten die Scheibe noch stärker gemacht. Die einzigen Schwachpunkte sind so oder so das im Start-Stopp-Verfahren zockelnde Titelstück und 'Detective 27', ein blasser Alternative-Rocker mit unangemessenem Funkgerät-Effekt auf der Gesangsspur.
2020 fehlen die drei Live- Bonustracks der früheren Neuauflage - 'Drive Boy, Shooting', 'Detective 27' und 'House of Clouds' -, die belegt haben, dass die vermeintliche Studio-Liebhaberei des ikonischen Bassisten definitiv auch auf der Bühne funktionierte; außerdem wären die B-Seiten der Single "Cycle of Sixty / X13" zur Komplettierung nett gewesen, und weshalb diese Möglichkeit verschenkt wurde, erschließt sich absolut nicht.
Übrigens: Für Horrorszenarien war Butler in seinen Texten faktisch schon seit Black Sabbaths selbst betiteltem Debütalbum gut, und in diesem Sinn darf man auch die Lyrics von "Plastic Planet" begreifen - Technophobie und Furcht vor dem sozialen Kollaps in Anbetracht des zunehmenden Drucks aufs Individuum … eigentlich gar nicht so unaktuell, oder?
FAZIT: Ein prima Modern-Metal-Album im Geist der 1990er … Geezer Butler und Band - "Plastic Planet" erschien ursprünglich unter dem Banner g/z/r - sind auch heute noch eine Entdeckung wert, wobei Fear-Factory-Fans im Besonderen wegen Burton C. Bells Beteiligung hinhören sollten. Dieser Re-Release bietet sich dafür an, doch mit etwas Glück ergattert man vielleicht sogar eine der früheren Pressungen mit den oben erwähnten Dreingaben. <img src="http://vg05.met.vgwort.de/na/0c714c25764242998ad136168d23b56c" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.10.2020
Geezer Butler
Burton C. Bell
Pedro Howse
Deen Castronovo
BMG / Sanctuary / Warner
46:18
30.10.2020