Man würde Grant-Lee Phillips gewaltig Unrecht tun, ihn auf seinen (famosen) Hit „Fuzzy“ mit GRANT LEE BUFFALLO und seine Mitwirkung bei den „Gilmore Girls“ zu reduzieren. Phillips liefert seit Jahren seinen eigenen Americana-Soundtrack, stilistisch irgendwo zwischen Neil Young und Tom Waits angesiedelt, ohne dass er an Individualität sparen würde. Leider reicht das anscheinend nicht aus, zumindest hierzulande, um über Geheimtipp-Status hinauszukommen. Ob das aktuelle Album mit dem drolligen Titel „Lightning, Show Us Your Stuff“ daran etwas ändert, ist fraglich, wäre aber zu wünschen.
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Das weitgehend ruhig dahinschlendernde Werk zeigt Phillips einmal mehr als so lakonischen wie intensiven Geschichtenerzähler, der mit rauchig-knarziger Stimme durchs bewegende Programm führt. Es gibt viel akustische Gitarre, satte Bläser, melancholische Pianoklänge, ab und an Pedal Steel – kurz stimmungsvolle Tunes bis zum Abwinken.
Grant-Lee Phillips wandelt, wankt begnadet zwischen Liebe, Besäufnis und Begräbnis hin und her, mitunter auch gleichzeitig, hat die herzerwärmenden Melodien, mit mal dahingewischten, mal kräftigen Rhythmen an Bord. Die Gitarren besitzen durchaus Simon &Garfunkel-Gefühligkeit, und wenn sich noch ein Piano dazu gesellt, werden Herzen gebrochen oder erwärmt („Mourning Dove“).
„Lightning, Show Us Your Stuff“ ist ein (selbst-)reflexives Werk geworden, das zu keiner Zeit in Larmoyanz versinkt. So entsteht Musik, die die Welt braucht. Gerade jetzt. Oder um es mit Grant-Lee Phillips zu sagen: „Ain’t dead yet/More dreaming left to do“.
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FAZIT: Immer, wenn man an Amerika und seinen Bewohnern verzweifelt, kommt jemand wie Grant-Lee Phillips daher, der einen hoffen lässt. Wenn schon nicht auf bessere Zeiten, dann aber auf eine unvergessliche Beerdigung. Keine Bange, „Lightning, Show Us Your Stuff“ ist ein Album so voller Leben und Kraft, sodass der Gang unter die Erde noch warten kann. Von lässiger Ruhe, doch kraftvoll, so rau wie zärtlich, erweist sich „Lightning, Show Us Your Stuff“ als großartiges, seelenvolles Album in Phillips‘ reichhaltigem Portfolio.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.11.2020
Jennifer Condos
Grant-Lee Phillips
Grant-Lee Phillips, Eric Heywood
Grant-Lee Phillips
Jay Bellerose
Eric Heywood (Pedal Steel)
Yep Roc Records
37:41
04.09.2020