Nach drei EPs ist „Someone New“ der erste Longplayer Helena Delands. Die kanadische Musikerin singt mit glockenheller Stimme, beinahe im Flüstermodus, von einer Liebe, in der Geschlechtsfestlegungen keine Rolle spielen. Schlichtes Schwarz-weiß-Denken wird überwunden. Ohne, dass unbedingt ein Happy End dabei herausspringt.
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Die Songs sind von traumwandlerischer Schönheit, besitzen aber jenen Hauch von Schräglage, der sie jederzeit explodieren lassen könnte. Das tun sie aber nicht, sondern bestehen als wehmütige Erzählungen mit splitterigem Gitarrenspiel (erinnert sich noch jemand an die grandiosen YOUNG MARBLE GIANTS?) und sorgsam eingesetzten Loops. „Smoking At The Gas Station“ könnte als Konzeptvorlage dienen. Wir rauchen an der Tankstelle, aber sie fliegt nicht in die Luft. Gerade noch einmal gutgegangen.
Die prägnanten Rhythmen halten die Aufmerksamkeit hoch, die abwechslungsreiche Instrumentierung trägt ihren Teil dazu bei. Das mit einem Harmonium beginnende „Pale“, stimmungsmäßig irgendwo zwischen milder Patti Smith, Laura Marling und Julee Cruise angesiedelt, müsste eigentlich ein Hit sein. Betörend, doch kurz davor, zum Zerrbild umzukippen, besitzt der Song eine Intensität von der viele Chartstürmer nur träumen können.
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„The Walk Home“ bringt die Vorzüge des Albums noch einmal auf den Punkt, und das als Instrumental. Eine fiebrige E-Gitarre, ein prägnanter Bass, dazu noch ein paar Streicher und eine gespenstische Harmonika, fertig ist der Soundtrack für den Mitternachts-Arthouse-Film. Aber das sind nur Speerspitzen auf einem Album, das eine Entdeckungsreise in eine ganz besondere Twilight Zone ist.
FAZIT: Das ausgereifte Langspiel-Debüt Helena Delands ist eine introspektive Reise mit großer Außenwirkung geworden.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.11.2020
Cédric Martel
Helena Deland
Helena Deland, Alexandre Larin
Francis Ledoux
Luminelle Recordings
47:54
16.10.2020