Das Berner KAFFEEHAUSORCHESTER ist gewissermaßen die kleine Ausgabe des Bremer Kaffeehaus-Orchesters, sowohl was Alter (15 statt 30 Jahre) als auch Besetzung angeht (Trio statt Quintett). Zu seinem fünfzehnten Geburtstag hat sich das Schweizer Trio mit „Jazzpuccino“ eine neue CD geschenkt.
Die Frage, ob das Jubiläumsscheibchen nun Album oder EP sei, braucht nicht weiter zu beschäftigen – man schließt sich stattdessen gerne der, wenn auch noch präcoronaren Meinung der Musiker an: Sie finden, dass ihre zwanzigminütige Einspielung in der heute so schnelllebigen Zeit gerade der richtigen Dosierung entspreche, Druck und Gehetze für ein Weilchen zu entfliehen.
„Jazzpuccino“ beinhaltet fünf Stücke, drei Coverversionen plus je eine Komposition des Schlagwerkers Martin Kissling und des Pianisten Andreas Renggli. Letzterer hat zusammen mit den beiden Band-Kollegen eines seiner Piano-Solo-Stück bearbeitet – zu hören ist „Before The Storm“ nun in einer dynamischen Version mit lieblich-energischem Verlauf und dem überraschenden Einschub eines hübsch groovenden, akkord-basierten „Drum'n'Bass“-Teils.
Als Eröffnungstrack präsentiert das KAFFEEHAUSORCHESTER seine Version von „Black Hole Sun“, des Übersongs der Grunge-Rocker „Soundgarden“ aus Seattle. Naturgemäß bewegt sich das Trio mit seiner Interpretation näher bei einer von Chris Cornells akustischen Soloversionen (z.B. auf „Songbook“, 2011) als der ursprünglichen Einspielung der Band von 1994. Und auch hier etwas Unerwartetes: Für das Klavier-Solo wechselt das Trio in den Doubletime-Modus.
Neben einer wunderbar perlenden Version von „Wonderwall“ der Britpopper „Oasis“ (1995) finden sich auf „Jazzpuccino“ mit dem „Song For M“ von Martin Kissling zudem ein Blues in bestbewährtem Jazzstandard-Stil sowie ein „echter“ Standard: Im abschließenden „Green Dolphin Street“ (1947) des polnisch-amerikanischen Songwriters Bronis?aw Kaper bekommt Bassist Marcel Suk viel Entfaltungsspielraum.
FAZIT: Das Schweizer KAFFEEHAUSORCHESTER hat mit „Jazzpuccino“ nicht nur sich selber ein (Jubiläums-) Geschenk gemacht – die zwanzig Minuten mit beschwingten Jazz-, Pop- und Soundtrack-Klängen sorgen in der Tat für den versprochenen Ausgleich, ja für akustische Behaglichkeit. Für Kaffee und Kuchen möge man selber besorgt sein.
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Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.04.2020
Marcel Suk
Andreas Renggli
Martin Kissling
Splendormusic
19:33
18.10.2019