Ein halbes Jahrhundert KANSAS … Dass die amerikanische Rock-Ikone jedoch zuletzt das Jubiläum ihres Klassikers “Leftoverture” auf Tournee gefeiert hat, hört man ihrem 16. Studioalbum deutlich an, denn auch wenn es der Frische seines vier Jahre zurückliegenden Vorgängers “The Prelude Implicit” in jugendlicher Frische keinesfalls nachsteht, ist das neue Material teilweise ziemlich "retro" ausgefallen.
Vorausgesetzt, man möchte der Gruppe grundsätzlich unterstellen, sich irgendwann einmal woanders als auf ihrem angestammten Feld ausgetobt zu haben. Flüchtige Strömungen mögen im Lauf der Dekaden nicht spurlos an ihren Produktionen vorbeigegangen sein (von Besetzungswechseln ganz zu schweigen), doch im Großen und Ganzen waren KANSAS immer gleich KANSAS.
Dennoch, "The Absence of Presence" strahlt etwas Frisches aus, was wahrscheinlich vor allem an der satten Produktion der Platte liegt. Davon unabhängig weist die unverkennbare E-Geige von David Ragsdale schon während der ersten Sekunden des eröffnenden Titelstücks den Weg; es bleibt mit achteinhalb Minuten die längste Nummer eines Albums, das in Sachen Hit-Potenzial an teils weit zurückliegende Veröffentlichungen anknüpft, ohne schale Retro-Kost aufzutischen.
Nach dem verschiedene Stimmungen durchlaufenden Longtrack gestaltet sich das Treiben vergleichsweise linear. 'Throwing Mountains' überrascht als bleierne Riff-Breitseite mit umso sachteren Kontrasten während der Gesangs-orientierten Strophen, 'Memories Down The Line' mutet wie eine instrumentale Ballade des Electric Light Orchestra oder der frühen Queen an, und das knackige 'Animals On The Roof' wäre mit seiner tänzerischen Bridge bzw. dem sofort eingängigen Kehrvers in den 1970ern ein todsicherer Single-Kassenschlager gewesen.
Zwischen diesen drei Eckpunkten sind die mehrfach mit Platin veredelten Ikonen 2020 vielleicht so solide aufgestellt wie seit einer ganzen Weile nicht.
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FAZIT: KANSAS mögen über die Jahre hin sowohl Federn gelassen als auch ein dickes Fell bekommen haben, sind aber eines nicht, was "The Absence Of Presence" betrifft. Falls sie es nicht schon zuvor getan hat, erlebt die Band aus Topeka dieser Tage ihren mindestens zweiten Frühling und braucht sich objektiv gesehen nicht mehr ständig an ‘Dust in the Wind’ oder ‘Carry On Wayward Son’ messen zu lassen. Das garantieren die Sänger bzw. Keyboarder Ronnie Platt und Tom Brislin ebenso wie das Urbesetzungs-Duo aus Schlagzeuger Phil Ehart und Gitarrist Richard Williams. <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/0ecc8d13415f40a4a657180fcf364d1b" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.07.2020
Inside Out / Sony
47:25
17.07.2020