<b>„Für mich ist das die allgemeine Bedeutung der Musik. Ich mache die Musik nicht, um mich selbst auszudrücken oder um meinen Schmerz zu teilen, sondern um eine Art Schmerz abzuschütteln - wenn das Sinn macht. Ich will es nicht Eskapismus nennen, denn wenn man genau hinschaut, sieht man viel Schönheit und Großzügigkeit in dieser Welt. Das ist genau das, was ich mit der Musik vermitteln möchte.“</b> (Katie Melua)
Es ist das ewig gleiche Ziel, welches KATIE MELUA in und mit ihrer Musik verfolgt: Emotional zu bewegen und selbst die abgeschmacktesten Pragmatiker, die einem heutzutage noch immer über irgendwelche Formel- und Regelwerke die Welt erklären wollen, zum Träumen und Fühlen zu bewegen. Das gelingt nicht immer, denn einfach zu viele Zeitgenossen haben ihre Ohren und Hirne irgendwo an einem Fleck verborgen, für den die unendliche Leichtigkeit des Seins keinen Passierschein hat. Denen wird wohl das einzig Verständliche der schlichte, nicht gerade einfallsreiche, aber akkurat einzuordnende, Album-Titel „Album No.8“ sein.
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Wie gehabt ist auch „Album No.8“ – von dem man sich auch des riesigen beigefügten Posters wegen unbedingt die soundtechnisch noch dazu perfekt klingende Vinyl-Variante im Gatefold-Cover leisten sollte – wieder die ideale Musik zum Träumen, aber nicht nur für Träumer, sondern auch für alle, die auf der Flucht vor Alltagshektik und Arbeitsstress oder die ewig gleichen Verpflichtungen sind. Besser ausgedrückt beschert uns KATIE MELUA pure Traummusik, die einen mit auf die Reise hinter Sonnenunter- und Mondaufgänge nimmt, die friedlich am Horizont ihr rotes Leuchten verbreiten, selbst wenn nicht alle Blütenträume dabei in Erfüllung gehen. Oder der Soundtrack zur Fahrt in einem offenen Cabriolet entlang der Küste, genau wie man es auf dem Video von „Your Longing Is Gone“ begutachten kann. Hierfür wählte die georgisch-britische Musikerin (geboren in Tiflis und mit 8 Jahren nach England gezogen) extra den Küstenort Batumi in Georgien aus, an dem sie in ihrer Kindheit immer die Ferien verbrachte. Logisch, dass sie dem Titel zugleich eine fein folkloristische Stimmung verleiht.
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Aber auch die meluasche Melancholie klingt in dem einen oder anderen, wie immer sehr persönlichen, Song wieder intensiv durch, wenn in „Airtime“ breit angelegte Streicher Liebestrennungsschmerzen verbreiten oder im Album-Opener „A Love Like That“ gar bedrohlich die Szene eröffnen: „Everything feels inside out / My blood is burning in the sun“ . Mal fließt die Musik wie Honig, dann wieder wie die Erotik vorbereitende Vaseline. Ideal für alle, die noch immer an die Romantik und Erotik glauben, genau wie den entsprechenden Schmalz dafür, nur dass eben alles erlaubt und die eine oder andere etwas kitschig erscheinende Melodie, statt zu stören, gefühlsintensivierend das ewig gleiche Thema Liebe in all seinen Variationen verstärkt.
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„Leaving The Mountain“ konzentriert sich auf eine andere Liebesart – die zwischen Vater und Tochter – und erzählt die Geschichte von einer Reise durch den Kaukasus, entlang des Schwarzen Meeres, die Melua mit ihrem Vater unternahm und bei der sie eine Musikplaylist hörten, die auf den Vorschlägen aus Dylans Buch „Chronicles Vol. 1“ basiert.
Gerade dieser Song geht einem beim Hören sehr nah, weil er einer der persönlichsten Melua-Songs überhaupt ist. Love-Songs kann man oft verallgemeinern, einen, der direkt über die Liebe zwischen Vater und Tochter spricht, aber nicht.
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FAZIT: Auch auf ihrem achten Album macht KATIE MELUA wieder alles richtig, denn sie bleibt sich nicht nur treu, sondern schafft es zugleich, ihre gefühlvollen Songs in keiner Sekunde mit Kuschelrock-Kitsch oder Schlager-Schmalz zu vergiften. Stattdessen bewahrt sie sich ihre emotionale Einzigartigkeit, die sie mit ebenso einzigartiger Stimme vorträgt, gerne auch mal Streicher und Chöre dabei einbezieht und noch dazu mit einem vollen, voluminösen Sound viel (raumfüllende) Tiefe verleiht. Auch „Album No.8“ ist traumhaft, eigentlich wie alle anderen sieben, oft grammy-prämierten, Melua-Top-Ten-Alben zuvor – und nichts Anderes liegt einer KATIE MELUA am Herzen.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.10.2020
Sam Dixon, Tim Harries, Jack Pinter
Katie Melua
Leo Abraham, Zurab Melua
Leo Abraham, Tim Harries, Mark Edwards
Emre Ramazanoglu
Jack Pinter (Flöten, Saxophone), Serafine Steer (Harfe), Jaiani Teimuraz, Deisadze Akaki (Geigen), Chikhladze Ilya (Bratsche), Imanov Georgiy (Cello), The Georgian Philharmonic Orchestra, Gori Woman's Choir
Warner ADA
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16.10.2020