Abgesehen von Mötley Crue, Guns n’ Roses, Ratt, Poison und vielleicht auch noch Quiet Riot sind L.A. GUNS die Quintessenz des sogenannten Hair Metal, der bis Ende der 1980er ein dekadentes Amerika verkörperte, wie es heute völlig undenkbar erscheint. Dass sich die Szene und ihre Musik nach wie vor respektive wieder großer Beliebtheit erfreuen, ist angesichts ihrer Unvereinbarkeit mit dem heutigen kulturellen Status quo kaum nachvollziehbar, aber wahrscheinlich nostalgischer Sehnsucht nach einfacheren Zeiten geschuldet … zumal ja nichts und niemand an den klassischen Songs und Alben kratzen kann.
Bei "Renegades" handelt es sich nun um das neue Album der Besetzung der Band mit Schlagzeuger Steve Riley und Bassist Kelly Nickels, denn auch L.A. GUNS gehören zu jenen Acts, deren Mitglieder sich derart zerstritten haben, dass zwei Line-ups mit demselben Etikett um die Gunst der Fans buhlen.
Der Opener 'Crawl' ist mit seinem betörenden Klatsch-Groove und "na-na-na"-Kehrvers eigenartig melancholisch, doch mit der Uptempo-Nummer 'Why Ask Why' erhält dann Sonnenschein-Pop-Metal Einzug, den man von L.A. GUNS gewohnt ist … allerdings mit jener "alternativen" Note, den die andere Version der Gruppe mit Urgestein Tracii Guns an der Spitze zum Glück oder Leidwesen (je nach Fan-Präferenz) missen lässt.
Fest steht objektiv betrachtet allerdings, dass Neu-Sänger Kurt Frohlich zwar ein schweres Erbe antritt, seine Sache aber sehr gut macht, und dass "Renegades" ausnahmslos gute bis erstklassige Kompositionen enthält, die eingängig wie blöde und nicht krampfhaft auf Retro getrimmt sind.
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Das stampfende 'Lost Boys', die zackige Uptempo-Schote 'Witchcraft' und die obligatorische Ballade 'Would' mit dezentem Mr.-Big-'To Be With You'-Flair unterstreichen diese These, bevor das Quartett mit dem wehmütig antreibenden Titelstück und dem fiebrigen Finale 'Don't Wanna Know' noch einmal richtig aufdrehen.
FAZIT: "Renegades" ist ein ausgezeichnetes Sleaze-Metal-Album, hübsch kompakt und mit flammender Gitarrenarbeit versehen. L.A. GUNS gefallen als Vierer in ihrer prägnant auf den Punkt kommenden Art besser als das parallel operierende Quintett gleichen Namens. <img src="http://vg05.met.vgwort.de/na/e4a5ac3638984cef906b26a0b8721e9a" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.11.2020
Kelly Nickels
Kurt Frohlich
Kurt Frohlich, Scotty Griffin
Steve Riley
Golden Robot / Soulfood
41:33
13.11.2020