Irland und Musik? Oft kommen einem dabei Folk- und Pub-Klänge in den Sinn. Ganz anders aber im Falle von M-OPUS, denn bei dieser irischen Band gibt’s Progressive Rock voll herrlicher 70er-Jahre-Retrolastigkeit und eine sich über 138 Minuten erstreckende Konzept-Story, die sich nicht nur durch viele Sänger, sondern auch wie Schauspieler agierende Sprecher und einen Erzähler verwirklicht. So kann man die Doppel-CD „Origins“ ohne zu übertreiben als eine komplexe Konzept-Meisterleistung mit ein paar Hörspielanleihen und zugleich eine echt starke, sehr kopflastige Prog-Veröffentlichungen des Jahres 2020 bezeichnen. Zumindest für all diejenigen, die auf eine Konzeptalbum mit Sprecher und Dialogen stehen.
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Auch verhehlen die drei M-OPUS-Iren, die auf „Origins“ mit zusätzlichen 20 (!!!) Musikern, der Großteil davon Sänger und Sprecher, antreten, nicht, dass sie bei ihrem ersten Album „Triptych“ speziell das Prog-Jahr 1975 und mit „Origins“ 1978 erklingen lassen. Das heißt aus Sicht des Dubliner Dreiers, dass die Instrumentierung und die Sounds, die auf „Origins“ erklingen, sich speziell an dem 42 Jahre zurückliegendem Jahr orientieren. Die Band erlegte sich so die Pflicht auf, trotz aller derzeit vorhandenen Möglichkeiten, nur unter den Bedingungen zu agieren und dem Instrumentarium zu musizieren, wie das 1978 möglich war.
Eigentlich aber kommt einem bei der komplexen Geschichte, die in der Zukunft spielt und eine stringente, sehr eng gestrickte Story um das Zeitreisen oder Teleportieren erzählt, die man <a href="https://www.m-opus.com/" target="_blank" rel="nofollow">unter der Bandhomepage als 39-seitiges pdf-Dokument downloaden</a> kann, ein Meisterwerk wie JEFF WAYNE'S „War Of The Worlds“, das tatsächlich 1978 erschien, oder JETHRO TULLs „Thick As A Brick“ und RICK WAKEMANs „Journey To The Centre Of The Earth“ in den Sinn. Natürlich werden einige jetzt auch an Nach-1978er-Konzeptscheiben wie ROGER WATERS „The Pros And Cons Of Hitch Hiking“ und AYREONs „Into The Electric Castle“ oder QUEENs „Flash Gordon“ denken und liegen dabei gar nicht falsch.
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M-OPUS jedenfalls, denen ausschließlich klassischer Prog und Art Rock am Herzen liegt, dürfen in einem Atemzug mit diesen Alben genannt werden, ohne dabei ein schlechtes Bauchgefühl zu haben, was auch an der hochgradigen Qualität der Musiker liegt, von denen beispielsweise Jonathan Casey aus der Band von Ex-KING-CRIMSON-Geiger DAVID CROSS kommt. Mit seinen beiden Mitstreitern verwirklichte er sich nun den gemeinsamen Wunsch, symphonischen Art- und Prog-Rock der 70er-Jahre in die Gegenwart zu „teleportieren“ - und mit „Origins“ schlagen sie von der Musik und dem Konzept sowie der Umsetzung her gleich mehrere Prog-Fliegen mit einer Symphonic-Klappe. Hierbei verstehen sich die drei Dubliner als „die Wahrer des progressiven Feuers“. Und leider ist es anno 2020 tatsächlich der Fall, dass man alles tuen sollte, um dieses unter den digitalen Asche-Produkten nicht verlöschen zu lassen. M-OPUS jedenfalls geben nach „Triptych“ nun mit „Origins“ ihr bestes im „War Of The Worlds“-Sinne!
Ganze 5 Jahre dauerte die Verwirklichung von „Origins“. Das hört man auch und man sollte sich viel Zeit für dieses komplexe – stellenweise wie ein tragisches Bühnenstück aufgebaute – Album nehmen. Genauso wie für die Geschichte, die einerseits Science-Fiction- und andererseits Kriminal-Story ist, im Jahr 2187 spielt und sich um den verlotterten Trinker, doch zugleich genialen Wissenschaftler Miller McKee und dessen Ex-Gattin, ebenfalls Wissenschaftlerin, die mit Teleportation experimentiert und unter mysteriösen Umständen ermordet wird, dreht.
Extra für diese Geschichte las Jonathan Casey physikalische Fachliteratur, ließ sich von einem Physiker beraten und studierte historische Aufzeichnungen, um dann nach und nach die futuristische Kriminalgeschichte für „Origins“ zu entwickeln. Logischerweise sieht die Dramaturgie zu der Geschichte nicht nur Sänger, sondern auch Sprecher und Erzähler vor. Selten, dass im Prog so viel wert auf die Story und die bühnentauglichen Texte gelegt wird. Außerdem konterkariert es das Vorurteil einiger Proggies, dass die Musik viel wichtiger als irgendwelche Texte sind. Im Falle von „Origins“ jedenfalls ist beides gleichgewichtet.
Ansonsten aber kommen alle Freunde von PINK FLOYD bis KING CRIMSON, GENESIS bis YES und sogar elektronischere Klänge a'la JEAN-MICHEL JARRE und VANGELIS voll auf ihre Kosten, die noch dazu mit dem gigantischen, 24 Minuten dauernden, sehr floydianischen Longtrack „Infinite Within“ aus dem Konzeptalbum im ganz großen Stil verabschiedet werden.
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FAZIT: M-OPUS bescheren uns mit „Origins” ein progressives Art-, Sympho- und Retro-Rock-Album im Stil des Jahres 1978, das eine verdächtige Nähe zu dem im gleichen Jahr erschienenen „War Of The Worlds“ von Jeff Wayne aufweist und sich nicht nur auf die Musik beschränkt, sondern auch ausführliche Hörspiel-Passagen und eine spannende futuristische Kriminalgeschichte präsentiert!
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.08.2020
Jonathan Casey
Jonathan Casey, Mark Grist
Colin Sullivan
Jonathan Casey
Mark Grist
Erzähler und Schauspieler
Rude Chord Recordings
137:42
13.01.2020