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Madsen: Na gut, dann nicht

Stil: Punk

Cover: Madsen: Na gut, dann nicht

"Bock auf Punk!" - so lautete das Motto, als MADSEN dieses Zwischendurch-Album in Angriff genommen haben. "Na gut dann nicht" sollte also nicht als reguläres Werk der deutschen Indie Rock-Darlings verstanden werden, sondern ist reine Liebhaberei, die Sänger Sebastians plötzlichem Drang, Altvorderen wie Slime, Toxoplasma oder Schleimkeim nachzueifern.

Inmitten von Pandemie-bedingter Langeweile, Verdruss und hilfloser Motivation, etwas zu bewegen, entstand so ein wohltuend unverkrampftes und unverfälschtes Deutschpunk-Album. Das Quintett hat das Ganze in nur zwei Wochen in seiner wendländischen Heimat komponiert und aufgenommen, komplett mit teils von Keyboarderin Lisa und dem Frontmann verfassten Texten, die nicht so simpel sind, wie sie auf den ersten Hör erscheinen.

Es geht um Trotz und Auflehnung, oft selbstreferenziell oder auf die alte "Haste ma' 'ne Mark"-Szene bezogen wie in der primitiven Hardcore-Eruption 'Herzstillstand' oder bei 'Protest ist cool, aber anstrengend' das quasi die nächstliegenden Zankäpfel aufzählt (Trump, Rassismus) und augenzwinkernd diejenigen anklagt, die (links-)alternative Ansichten und Aktionen auf einen bloßen Livestyle im Sinne von Mode-Konformismus herunterbrechen, um sich ein reines Gutmenschen-Gewissen zu erkaufen.

Das eröffnenden Titelstück reflektiert im Zweivierteltakt die Direktheit und Spontaneität, die den Schaffensprozess geprägt haben müssen. Auch das doppelbödige 'Behalte deine Meinung' (mit dem Nachschub "für dich" an alle Verschwörungstheoretiker in den Lyrics) oder die Narzissmus-Abrechnung 'Trash TV' schürfen inhaltlich tiefer, als es die ruppig schlichte Musik vorzugeben scheint.

Das schwungvolle 'Quarantäne für immer' zielt natürlich auf im Sommer 2020 brandaktuelle Zustände ab und weist subtil auf die Gefahren von isolatorischem Biedermeiertum hin, wohingegen der Singalong 'Auf deinem Balkon' einfach wegen seiner Melody- bzw. Skatecore-Schlagseite gefällt und das 'Wir nennen dich Mücke', das MADSEN ihrem Live-Gitarristen Martin Krüssel (früher Sänger bei El*ke ) gewidmet haben, als halbe Ballade aus dem Rahmen fällt. Konträr dazu zeigen das hysterische 'Supergau' und die Knüppel-Orgie 'Alte weiße Männer' Zähne - ganz ohne Verbissenheit, so wie auch ansonsten kein Anflug von Krämpfen erkennbar ist.

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Im Outro darf dann noch Benjamin von Stuckrad-Barre für die Platte und die Band selbst sprechen - billigerweise, denn sie ist enorm unterhaltsam und offensichtlich notwendig gewesen.

FAZIT: Nach anderthalb Jahrzehnten im deutschsprachigen Musikbetrieb mag es an der Zeit gewesen sein, einfach mal auf den Putz zu hauen, aber so krass brechen MADSEN auf ihrem ersten (und letzten?) Punk-Album nicht mit ihrem angestammten Sound. "Na gut, dann nicht" ist nicht nur eine prima Zeitverkürzung bis zum "offiziellen" Nachfolger von "Lichtjahre" (2018), sondern aktualisiert auch ein Stück weit die Werte und das Ethos des deutschen Iro- und Sicherheitsnadelschmuck-Milieus, die sich ansonsten seit den 1990ern kläglich wenig verändert haben. <img src="http://vg08.met.vgwort.de/na/f20d01863dbb49c188fc95afe6353517" width="1" height="1" alt="">

Punkte: 12/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.10.2020

Tracklist

  1. Na gut, dann nicht
  2. Herzstillstand
  3. Quarantäne für immer
  4. Auf deinem Balkon
  5. Supergau
  6. Protest ist cool, aber anstrengend
  7. Scheiße zu Gold
  8. Alte weiße Männer
  9. Behalte deine Meinung
  10. Trash TV
  11. Wenn du am Boden liegst
  12. Wir nennen dich Mücke
  13. Na gut (Benjamin von Stuckrad-Barre)

Besetzung

  • Bass

    Niko Maurer

  • Gesang

    Johannes Madsen, Sebastian Madsen, Sascha Madsen

  • Gitarre

    Johannes Madsen, Sebastian Madsen

  • Keys

    Lisa Nicklisch

  • Schlagzeug

    Sascha Madsen

Sonstiges

  • Label

    KEEK / Arising Empire / Believe

  • Spieldauer

    35:38

  • Erscheinungsdatum

    09.10.2020

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